Die Kommunalwahlen, Bilanz und Perspektiven (Dieser Text wurde vom Lutte Ouvrière-Parteitag von Dezember 2008 angenommen)

Yazdır
Die Kommunalwahlen, Bilanz und Perspektiven
Dezember 2008

1. Anlässlich unseres letzten Kongresses haben wir entschieden, bei den Kommunalwahlen 2008 dort gemeinsam mit den Linksparteien anzutreten, wo ein Abkommen möglich wäre und unter eigenem Namen, wo dies nicht der Fall wäre. Das verfälschte Wahlsystem lässt den Revolutionären nur geringe Möglichkeiten, die Ausdrucksmöglichkeiten zu erlangen, die die Anwesenheit von Revolutionären in den gewählten Versammlungen bieten können. Daher hat die Arbeiterbewegung immer die Möglichkeit solcher Abkommen mit den reformistischen und sogar liberalen Parteien für denkbar gehalten.

2. Diese Entscheidung berücksichtigte die politische Lage des Augenblicks: Ein Jahr nach der Wahl von Sarkozy als Präsident der Republik und nach fünf Jahren Rechtsregierung hätte eine Neuauflage der Wahlkampagne von 2001 - das heißt den Arbeitenden vorzuschlagen, bei den Kommunalwahlen ebenso gegen die Politik der Linken wie der Rechten zu stimmen - wenig Sinn gehabt. Zumal die Linksparteien sich zwar jedes Mal kompromittieren, wenn sie an die Regierung gelangen, jedoch meist neue Illusionen hervorrufen, sobald die rechte eine Zeit lang an der Macht war - ähnlich Antaios, diesem Riesen aus der griechischen Mythologie, der neue Kräfte fand, nachdem er den Boden berührt hatte. Zu glauben, dass sie von den Arbeitern gehasst werden, zeugt - und die Wahlergebnisse haben es gezeigt - von linksradikalen Illusionen.

3. Die Entscheidung, die wir getroffen haben, berücksichtigte auch den lokalen Charakter dieser Wahlen. Die Stadtverordneten haben kaum Macht. Der Staat ist der Hauptverantwortliche für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, an öffentlichem Nahverkehr und an Gesundheitsversorgung, an dem die arbeitende Bevölkerung leidet. Die von den Reformisten, ob PCF oder PS, geleitete kommunale Verwaltung ist natürlich weit davon entfern, sich nur um die Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu kümmern, selbst wenn sie diese in der Regel wesentlich stärker berücksichtigt als die Rechte, weil diese Bevölkerung ihre Wähler sind. Aber dieser Verwaltung eine gute Verwaltung der Revolutionäre entgegenzustellen, macht überhaupt keinen Sinn. In Anbetracht der derzeitigen Gesetzgebung und der Kräfte, die die Revolutionäre heute in der Lage sind zu mobilisieren, wäre es nicht einmal möglich, ausgehend von den Kommunen die Arbeit zu machen, die die ersten sozialistischen oder kommunistischen Kommunen vollbrachten.

4. Wenn auch unsere Aktivität der örtlichen Propaganda unabhängig von den Kommunalwahlen und ihren Ergebnissen ist - wir müssen sie führen und wir führen sie auch in Städten, in denen wir keine gewählten Vertreter im Rat haben - können letztere ein Stützpunkt sein, um diese Arbeit der örtlichen Ausstrahlung zu entwickeln. Dabei interessierte uns weniger das, was unsere Stadtverordneten im Stadtrat sagen könnten, sondern das, was sie als Stadtverordnete der Bevölkerung sagen könnten.

5. In den Fällen, wo Kommunistische Partei und Sozialistische Partei im ersten Wahlgang auf konkurrierenden Listen angetreten sind, haben wir eher ein Abkommen mit der Kommunistischen Partei gesucht. Nicht weil sie uns weiter links erscheint als ihre Rivalin. Auch nicht, weil sie nur eine Nebenrolle in den Linksregierungen gespielt hätte. Denn die Tatsache, dass die PCF nur Notsitze im Ministerium erhalten hat, macht ihre Verantwortung nicht geringer für die Verunsicherung und die Demoralisierung der arbeitenden Bevölkerung, die die Politik dieser "Links"regierungen verursacht hat. In gewisser Weise ist ihre Schuld sogar größer als die der Sozialistischen Partei, da sie ein wesentlich größeres Vertrauen in der arbeitenden Bevölkerung genossen hat. Wir haben Wahlabkommen mit der PCF bevorzugt, weil sie die größte Zahl der kämpferischen Arbeiter organisiert, beziehungsweise deren Sympathie genießt, und wir eine Politik in Richtung dieser Arbeiter führen müssen.

6. Insgesamt sind dort, wo wir uns an Bündnislisten beteiligt haben, die Dinge korrekt verlaufen. Es gab nur zwei Fälle, wo wir gezwungen waren, uns vor dem zweiten Wahlgang von der Liste zurückzuziehen, um uns nicht auf einer Liste zusammen mit Kandidaten der Modem (Die Bewegung von Bayrou, dem Zentrumskandidaten bei der letzten Präsidentschaftswahl. - Anm. des Übers.) wieder zu finden. In dem für uns schwierigen politischen Kontext, in dem diese Kommunalwahlen stattfanden, ist das Ergebnis, gemessen an der Anzahl Stadtverordneter, relativ zufrieden stellend.

7. Die Suche nach Kandidaten für unsere Wahllisten, ob wir dort nun letztendlich mit einer Liste "Lutte ouvrière" angetreten sind oder uns an einer Bündnisliste beteiligt haben, hat es uns ermöglicht, Kontakte mit einer nicht zu vernachlässigenden Zahl an Sympathisanten zu knüpfen, von deren Existenz wir bis dahin nichts wussten. Aus diesen passiven Sympathisanten aktive Sympathisanten zu machen, sie zu politisieren, ist eine notwendige Aufgabe, nicht nur um unsere Beziehung zu ihnen zu festigen, sondern vor allem um unsere Aktivität der örtlichen Ausstrahlung zu entwickeln.

8. Diese örtliche Aktivität steht absolut nicht im Gegensatz zu der großen Bedeutung, die wir immer unserer Präsenz in den Betrieben und unserer Betriebspresse gegeben haben. Sie kann uns im Gegenteil langfristig ermöglichen, dort unsere Ausstrahlung durch die Schaffung neuer Betriebszeitungen zu vergrößern. Dies ist ein Ziel, das wir nicht aus den Augen verlieren dürfen.

15. Oktober 2008