Wir veröffentlichen unten zwei Texte: Der erste ist der Leitartikel der Lutte Ouvrière- Betriebszeitungen und beschäftigt sich mit den Lehren der Regionalwahlen, der zweite dokumentiert das Wahlergebnis von LO.
Die Lektionen der ersten Runde der Regionalwahlen
Die Ergebnisse dieser ersten Runde der Regionalwahlen spiegeln sowohl die reaktionäre Entwicklung der Gesellschaft als auch die Desorientierung der Masse der Wählerschaft und den Orientierungsverlust der Arbeiterklasse wider.
Sein markantester Ausdruck ist der Stimmenzuwachs des Front National in so gut wie allen Regionen, was ihr ermöglicht hat, in sechs von ihnen an die Spitze zu gelangen.
Die Tendenz des Niedergangs geht in dem Wahlkampf jedoch über das hinaus. Die Wahlkampagne der Konservativen war völlig von ihrem Wettbewerb mit den Rechtsextremen dominiert und wurde auf dem Terrain ihrer üblichen politischen Themen ausgetragen.
Was die Sozialistische Partei (PS) betrifft, hat sie sich nicht nur die Sicherheitsthemen der FN zu eigen gemacht, sondern hat sie, seitdem sie an der Macht ist, angewendet, indem sie den Ausnahmezustand ausgerufen hat: Er ist von begrenzter Nützlichkeit, um den Terrorismus zu bekämpfen, aber er erstickt den Protest gegenüber der Regierungspolitik von linker Seite und wirkt sich negativ auf die sozialen Bewegungen aus.
Die FN kassiert die Wahlkampferträge des Bankrotts der PS an der Macht. Ein Teil der traditionellen Wählerschaft der Sozialistischen und der Kommunistischen Partei ist entmutigt von der Politik der Regierung, ihren Verleugnungen und ihrer Unterwürfigkeit vor den Großunternehmern - und er hat sich enthalten. Andere Wähler sind zur traditionellen Wählerschaft der Rechtsextremen übergegangen. Die reformistische Linke hat also einen Teil ihrer Wählerschaft in die Arme des FN geschickt.
Das ist das Ergebnis von Jahrzehnten politischer Entwicklung, wo die Parteien, die die Welt der Arbeit zu vertreten behaupteten, mit der Zeit alle Werte der Arbeiterbewegung verleugnet und die Interessen der Arbeitenden mit Füßen getreten haben, sobald sie in der Regierung waren.
Die FN ist den Interessen der Großbourgeoisie genauso verpflichtet wie die Konservativen und die PS, aber ihre Sprache ist noch reaktionärer und, wenn die Bedingungen dafür da sind, werden seine Methoden noch offener arbeiterfeindlich sein.
Die Arbeiterklasse hat dennoch nichts von ihrer Stärke verloren, die ihr ihre Zahl und ihr wesentlicher Platz in der Wirtschaft geben. Für die heutigen Arbeiteraktivisten ist die wichtigste Aufgabe, dazu beizutragen, dass sie wieder Selbstvertrauen gewinnt sowie das Bewusstsein der Rolle, die sie alleine spielen kann: die Gesellschaft zu verändern.
Die Herrschaft der Bourgeoisie heißt nicht nur die Ausbeutung und die Diktatur der Aktionären über die Gesellschaft: es ist auch eine immer mehr barbarische Gesellschaft. Indem sie die Macht der Bourgeoisie infrage stellt, ist die Arbeiterklasse die Einzige, die imstande ist, den Kurs dieser immer mehr ungerechten, ungleichen, irrationalen und unmenschlichen sozialen Entwicklung umzukehren.
Die Arbeiter durften nie hoffen, durch Wahlen ihr Los zu verbessern. Deswegen dürfen sie auch nicht verzweifeln. Das Machtverhältnis zwischen der ausbeutenden Bourgeoisie und den ausgebeuteten Massen ergibt sich nicht aus den Wahlurnen, sondern aus den Klassenauseinandersetzungen.
In den Regionen, wo die FN die regionale Exekutive erobern könnte, sind es konservative Gruppierungen, die an zweiter Stelle sind.
Wir bekämpfen natürlich die Front National, aber für uns als Lutte Ouvrière kommt nicht in Frage, in unserer Wählerschaft die Vorstellung zu verteidigen, dass konservative Männer, deren Meinungen genauso schmutzig wie die der FN sind, als Schutzwall gegen die rechtsextreme Partei fungieren könnten. Was die Unterstützung einer PS-Liste betrifft, wäre es nichts Weiteres, als sich bei der PS zu bedanken, dass sie den Erfolg der FN hervorgebracht hat.
Regierungslinke, Konservative oder Rechtsextreme: alle sind dazu bereit, die Migranten, die Verbände, die öffentlichen Freiheiten anzugreifen. Diejenigen von ihnen, die ein bisschen Macht besitzen, machen es schon. Es ist nicht die Aufgabe der bewussten Arbeitenden, zwischen den bürgerlichen Banden zu entscheiden, die die nächsten Maßnahmen gegen die Volksklassen ergreifen werden.
Den Wähler der Welt der Arbeit, die sich in der zweiten Runden nicht zwischen Pest und Cholera entscheiden wollen, bleibt nur noch übrig, in die Wahlurne einen Wahlzettel zu geben, der ihre Zugehörigkeit zum "Lager der Arbeitenden" dokumentiert.
Nach den Wahlen werden sich die Arbeitenden gegen die Großunternehmer und den Staat verteidigen müssen, und zwar mit dem Einzigen wirkungsvollen Mittel: dem kollektiven Kampf.
Was Lutte Ouvrière betrifft, wird sie sich weiterhin bemühen, damit das "Lager der Arbeitenden" sich eine Partei verschafft, die seine Interessen wirklich vertritt.
Selbst wenn sie nur einen Bruchteil der einfachen Bevölkerung darstellen, können diejenigen, die Lutte Ouvrière gewählt haben, stolz darauf sein, die Zukunft zu vertreten sowie die Wiedergeburt der Arbeiterbewegung, die diese Ausbeutungsgesellschaft bekämpfen und beenden kann.
9.. Dezember 2015
Die Ergebnisse von Lutte Ouvrière
Lutte Ouvrière ist in allen Regionen der Frankreichs beim Wahlkampf angetreten, außer auf Korsika, und auf der Insel Réunion.
Lutte Ouvrière hat in den 13 Regionen, wo sie angetreten ist, 320.054 Stimmen (1,5 %) bekommen. Dieses Ergebnis ist besser als bei den Regionalwahlen von März 2010 (206.229 Stimmen, 1,09 %) und in den Europawahlen von Mai 2014 (213.633 Stimmen, 1,14 %). Unsere Genossen von Combat Ouvrier haben 1.992 Stimmen (1,42 %) auf Guadeloupe und 2.460 Stimmen (2,04 %) auf Martinique bekommen.
Ihre besten Ergebnisse bekam Lutte Ouvrière in den Departementen der einfachen Bevölkerung: Seins Saint-Denis, Pas-de-Calais, Seine-Maritime... In der Regel bekommt Lutte Ouvrière die meisten Stimmen in den Arbeiter/innen/gemeinden: Aubervilliers (3,62 %), Vaulx-en-Velin (2,45 %), Liévin (2,84 %), Bobigny (3,37 %), im Gegensatz zu reichen Städten wie Neuilly-sur-Seine (0,25 %), Saint-Maur-des-Fossés (0,66 %) oder Versailles (0,57 %). Und in den sozial gemischten Gemeinden kann man das gleiche Phänomen in den Wahllokalen der Viertel der einfachen Bevölkerung beobachten. Zum Beispiel bekommt Lutte Ouvrière in Argenteuil (Val-d'Oise) im Durchschnitt 3,4 %, aber hinter diesen Zahlen verstecken sich große Unterschiede zwischen den Wahllokalen: von 1,2 % in einem Viertel von Einfamilienhäusern bis zu 14 % in einer Arbeiter-Wohnsiedlung.
Diese Ergebnisse sind sowieso bescheiden. Im allgemeinen Kontext des Rechtsrucks sind sie aber nicht unwichtig. Diejenigen, die die Lutte Ouvrière Listen gewählt haben, wollten deutlich das Lager der Arbeitenden sichtbar machen. Sie haben ihre Opposition gegen die prokapitalistische Politik der SP-Regierung ausgedrückt und haben gleichzeitig die Konservativen und die Rechtsextremen zurückgewiesen. Sie haben die Meinung behauptet, dass die Arbeiter/innen/klasse sich eine Partei verschaffen soll, die ihre Interessen wirklich vertritt. Diese Stimmen werden für die Zukunft zählen.