1. Die politische Lage und die linke Wählerschaft sind noch geprägt durch die Wahl von Nicolas Sarkozy, dessen überschäumende Aktivität und dessen Hast, trotz unvorhergesehener Schwierigkeiten seine Regierung alle seine Wahlversprechen in die Tat umsetzen zu lassen, den reaktionären französischtümelnden Teil seiner Wählerschaft mit Freude erfüllt.
Natürlich handelt es sich nicht um die größten Vermögen und die größten Bosse des Landes, die schon vor seiner Wahl reich bedient worden sind, von der vorherigen Regierung, in der er ohne Unterbrechung Posten in Schlüsselministerien besetzt hat, einen Teil als Finanzminister und den Rest der Zeit als Innenminister.
Es handelt sich im Gegenteil um die kleinbürgerliche fremdenfeindliche und vor allem arbeiterfeindliche Wählerschaft, die die Armen verabscheut, die ja nichts als Parasiten und Faulpelze sein können, die denen auf der Tasche liegen, die arbeiten, das heißt - natürlich - den kleinen und mittleren Unternehmern. Diese Wählerschaft besteht aus Händlern, Handwerkern, Unternehmer kleiner und mittlerer Unternehmen die, wie sie es lauthals bekräftigen, niemals ihre Stunden zählen. Vor allem an sie hat sich Sarkozy mit seiner Erklärung gewandt, dass es schlecht und unnütz sei, die Löhne zu erhöhen, und dass die Lohnabhängigen, die mehr verdienen wollen, einfach mehr arbeiten sollten. Und auch der ganze Rest, sei es bei der Gebührenfreiheit der Krankenversicherung, den Angriffen auf die Renten, vereinfachteren Kündigungen, den er mit Gewalt durchgesetzt oder es zumindest versucht hat, dient dazu, diese Mehrheit, die ihn gewählt hat, zu erfreuen, indem er ihren Vorurteilen schmeichelt.
2. Die großen Bosse haben in der Tat keinerlei wirtschaftliches oder soziales Interesse an Mindeststrafen für Wiederholungstäter, die letztlich dazu führen, für geringfügige Delikte unverhältnismäßig hohe Strafen zu erhalten. Sie haben ebenfalls nicht das geringste Interesse an etwas zu sehr schockierenden Maßnahmen wie die DNA-Tests, mit denen die Abstammung der Immigrantenkinder zu ermitteln, für die eine Familienzusammenführung beantragt wurde.
Die Vorstände der großen Bank-, Finanz- und Industrieunternehmen pfeifen völlig auf getroffene oder zu treffende Maßnahmen gegen Immigranten, da sie genau wissen, wen sie einstellen und wen sie kommen lassen oder nicht. Ebenso sind sie ohne die Hilfe der Regierung in der Lage, die Aktivitäten, die sie "auslagern" können, wie sie es nennen, in die frankophonen Länder des Maghreb oder Afrikas zu verlagern oder, wenn die Sprache keine Rolle spielt, nach Indien oder China.
Übrigens, auch wenn diese vulgäre Demagogie vollständig oder teilweise die Wählerschaft Le Pens trifft, sollte man nicht glauben, dass sie sich darauf beschränkt. Diese Meinungen repräsentieren einen großen Teil der Wählerschaft, denn, man muss sich dessen bewusst sein, die Rechte ist stärker in der Bevölkerung. Wenn Mitterand gewählt worden ist, dann zu einem großen Teil auch, weil er in seiner Vergangenheit ein Mann der Rechten war, vom Vichy-Regime bis zu den Regierungen der 4.Republik. Und außerdem profitierte er bei seiner Wahl von einem Anschub durch Chirac, der Mitterand vor Giscard d'Estaing vorzog.
3. Das heißt, dass diejenigen der Linken, die die Politik der Rechten und der Regierung mit der Person Sarkozys gleichsetzen, einen Fehler und einen Betrug begehen. Die Tatsache, dass Sarkozy sich auf der Grundlage eines populistischen und demagogischen Programms hat wählen lassen, wobei er alles aufgesammelt hat, was in der traditionellen Wählerschaft der Rechten herumhängt, verhindert nicht, dass er ein einfacher gelenkter Hampelmann ist in einem Schauspiel, von dem er weder der wirkliche Autor noch der Inspirator ist.
Sie alle tragen unter anderem dazu bei, vergessen zu machen, dass Sarkozy seit 2002 an der Macht ist und dass seine Politik, hinter seinem Kaspertheater, die Politik der von Chirac berufenen Regierung ist.
4. In der Tat sind viele von ihnen, der Linken, bemüht, zu vergessen und vergessen zu machen, dass sie, nachdem sie alle Scham herunter geschluckt hatten, 2002 zur Wahl von Chirac aufgerufen haben und mit ihm auch für Sarkozy - mit dem verblüffenden Vorwand, dass Le Pen "auf den Treppen der Macht" stünde (!), was nicht nur unwahrscheinlich war, sondern gleichzeitig eine Unredlichkeit und ein politischer Verrat gegenüber den Volksmassen. Insbesondere gegenüber den Immigranten, als deren Verteidiger sie sich missbräuchlicherweise darstellten.
Die heutige Situation so zu personalisieren, sogar seitens der Aktivisten "linksaußen der Linken", führt dazu zu behaupten, dass ohne Sarkozy alles besser gehen würde. Was darauf hinausläuft, dem Strauch zu helfen, den Wald zu verstecken.
In jedem Fall trägt es dazu bei, die Idee zu verankern, dass man sich gegen die heutige Rechte nicht verteidigen kann ohne Sarkozy zu ersetzen, obwohl man es genauso viel wie vorher kann - unter der Bedingung, dass man sich bewusst ist, dass sich gegen die Rechte zu verteidigen bedeutet, sich vor allem gegen die Unternehmer zu verteidigen, insbesondere gegen die großen Unternehmer, aber auch gegen die mittleren und kleinen. Sie sind es, die man zum Zurückweichen bringen muss. Und die Unternehmer zum Nachgeben zu zwingen können die Arbeiter wesentlich einfacher als einen Präsidenten der Republik zu ersetzen. Umso mehr, als das dies bedeutet, einen anderen an seine Stelle zu setzen, der, selbst wenn er der Linken angehört, die selber Politik im Interesse der Unternehmer führen würde, wenn die Arbeiter sich nicht verteidigen.
5. Natürlich können sie dabei nicht auf die Führer der Sozialistischen Partei zählen, die man im übrigen nur zaghaft gegen einzelne Maßnahmen der derzeitigen Mehrheit protestieren hört, die aber wesentlich mehr um das Überleben ihrer Partei oder besser gesagt ihrer eigenen Zukunft besorgt sind als um das Los der Arbeiter.
Ihnen zu helfen, sich gegen die von den Unternehmern geführten und der Regierung aufgegriffenen Angriffe zu wehren, gehört weder zu ihren Überzeugungen noch liegt es im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Sie sind genauso die Vertreter der großen Bosse, auch wenn sie nicht dasselbe Klientel anvisieren und entsprechend weniger reaktionär sind, wenn es um gesellschaftliche Fragen geht, die die Interessen des Kapitals nicht berühren.
Sie wünschen einzig und allein, sich da wo sie es können und im Besonderen bei den nächsten Kommunalwahlen von der Wahlniederlage bei den letzten Präsidentschaftswahlen zu erholen, auch wenn sie bei den darauf folgenden Parlamentswahlen ein paar Stellungen halten konnten, die ihnen allerdings nicht die geringste Möglichkeit gegeben haben, gegen die derzeitige parlamentarische Mehrheit einzugreifen.
6. Bei den Kommunalwahlen werden sie von denselben Interessen geleitet, das heißt eine Wahlklientel zu behalten, dass ihnen genug Mittel gibt, um politisch zu existieren. In der Tat existieren die heutigen großen Parteien, ob sie an der Regierung sind oder in ihren Gängen und Vorzimmern, nur durch ihre Abgeordneten. Heute wünschen die Sozialisten nur eins, nämlich die Ratsmehrheiten und Bürgermeisterämter, die sie innehaben, zu behalten, insbesondere die der großen Städte, die sie regieren und die ihnen die materiellen und menschlichen Mittel geben, um weiterhin eine große Partei zu sein. Sie haben anscheinend nicht einmal den Ehrgeiz, den Rechten viele ihrer Städte wegzunehmen, sondern würden sich damit zufrieden geben, die Kommunistische Partei in einigen von ihnen zu entthronen, um selber die Zügel zu übernehmen.
Es bleibt festzuhalten, dass die Führer der Sozialistischen Partei damit weiterhin dazu beitragen, ihr eigenes politisches Grab zu schaufeln. Seit Mitterand haben sie ohne Rast den Einfluss der Kommunistischen Partei bei den Wahlen, aber auch auf sozialem Gebiet verringert. In 25 Jahren haben sie es fast geschafft. Aber die Präsidentschaftswahl hat gezeigt, dass sie unbedingt eine bei den Wahlen starke Kommunistische Partei brauchen, die in der Lage ist, die Wählerstimmen der Welt der Arbeit auf sich zu vereinen. Die Sozialistische Partei hat selber diese Kraft zerstört, die ihr heute fehlt, weil weder ein Hollande, ein Fabius noch einer der anderen in der Lage sind, einem Volk, das immer mehr im Elend versinkt, glauben zu machen, sie würden dieser Entwicklung Einhalt gebieten.
7. Von diesen Spielchen haben die Arbeiter nichts zu erwarten. Und da die Besiegten nicht in der Lage sind, gegen die Sieger anzugehen, laufen sie Gefahr, sich gegenseitig zu zerfleischen. Wir haben gesehen, wie eine ganze Reihe sozialistischer Führer nur auf ein Fingerschnipsen gewartet haben, um sich auf den Futtertrog zu stürzen, den Sarkozy ihnen angeboten hat.
Der hiervon am meisten im Rampenlicht stehende Dominique Strauss-Kahn hat, um an die Führung des Internationalen Währungsfonds zu gelangen, nicht nur akzeptiert, die derzeitige Regierung zu unterstützen. Sobald er vom französischen Präsidenten grünes Licht erhalten hat, hat er sich außerdem auf die gesamte Welt gestürzt, um bei den verschiedenen Staatschefs Wahlkampf für sich zu machen. Es ist offensichtlich, dass der Posten dies wert war. Denn fünf Jahre lang wird er jetzt ein exzellentes Gehalt haben, das zu dem Posten gehört, ganz abgesehen von den Beilagen und der goldenen Rente, die ihm 5 Jahre Amtsausübung einbringen, zusätzlich zu all den anderen Renten seiner verschiedenen Mandate.
Nach der Meinung dieser Herren wären in dieser Gesellschaft jedoch nur die Eisenbahner und die anderen Arbeiter des Öffentlichen Diensts Privilegierte, nicht jedoch diese Männer der Macht mit ihren wechselnden Ansichten.
Und was die betrifft, die keiner Meerjungfrau gehorcht haben: sie haben es nur nicht, weil sie keine gehört haben.
8. Was die Welt der Arbeit betrifft, so hängt ihre nahe und fernere Zukunft einzig und allein von ihrer kollektiven Fähigkeit ab, die Angriffe der Bosse zurückzudrängen.
Man muss überzeugt sein, dass die Gesetze sich ändern lassen oder zurückgezogen werden können unter dem Zwang der sozialen Kämpfe. Regelmäßig ist es vorgekommen, dass "die Straße", wie die Bosse sagen, oder Streiks Gesetze durchsetzen oder verhindern, und das kann der Fall sein bei allen Gesetzen, die die Rechte und die sozialen Errungenschaften der Arbeitenden betreffen.
Die Kämpfe können spontan ausbrechen, aber sie könnten auch von den Führungen der Gewerkschaften organisiert werden. Dies ist selten der Fall, weil diese sich oft, oder fast immer, mit Aktionstagen ohne Folge zufrieden geben. Und wieder ist es ihre eigene Basis, die sie zwingen kann, die notwendigen Kämpfe zu organisieren.
9. Eine allgemeine Offensive der Arbeitswelt lässt sich nicht dadurch auslösen, dass man mit den Fingern schnipst, sagen die Führer. Das stimmt, aber man kann sie vorbereiten. Die Aktionstage, wenn sie wiederholt werden, können den Arbeitern selber zeigen, dass sie, die sich wehren wollen und können, zahlreich sind. Ein gelungener Aktionstag kann eine größere Zahl von Arbeitern ermutigen und mitreißen, beim nächsten mitzumachen - unter der Bedingung, dass dieser im Vorfeld angekündigt wurde als Drohung gegen die Unternehmer und den Staat und als Perspektive für die Arbeiter. In kurzem Abstand aufeinander folgende und stärker werdende Aktionstage können einen Generalstreik vorbereiten und zu ihm führen.
Deswegen nehmen unsere Genossen in den Betrieben im Übrigen am gewerkschaftlichen Leben teil und übernehmen dort auch Verantwortung. Nicht um dort politische Aktivisten zu rekrutieren, sondern um die Gewerkschaften dazu zu bringen, ihre Rolle zu spielen.
10. Wenn man jedoch eine allgemeine Offensive, eine Gegenoffensive vorbereiten und hierfür Propaganda machen will, darf man sich nicht mit partikulären oder zweitrangigen Forderungen begnügen. Man muss darauf zielen, das Kräfteverhältnis zwischen den Wirtschaftsführern und den Arbeitern zu verändern. Nicht in jeder Situation stellt sich die Frage der Revolution. Aber zwischen der absoluten Macht der Herrscher der Wirtschaft und der sozialen Revolution gibt es Zwischenstufen des Kräfteverhältnisses. Und eine dieser ersten Etappen auf diesem Gebiet ist, die Kontrolle der Arbeiter, der Bevölkerung über die Konten der großen und mittleren Betriebe durchzusetzen.
11. Wir leben heute in einer wirtschaftlichen Lage, wo es offensichtlich ist, dass man ohne enorme Risiken nicht die Finanzmänner die Gesellschaft und die Welt regieren lassen kann.
Wir haben mit der Immobilienkrise und den Risikokrediten in den USA gesehen, wie undurchsichtig die Finanzwelt ist. So sehr, dass selbst die Banken untereinander sich nicht mehr vertrauten, weil sie nicht einmal mehr wussten, wer von ihnen in Gefahr war und wer nicht. Diese Krise, scheinbar unwichtig zu Beginn, wäre beinahe in eine weltweite Krise gemündet. Und es ist nicht sicher, dass es vorbei ist.
Die Bevölkerung, die Gesellschaft können nicht unter der permanenten Bedrohung leben, die die Machenschaften der Finanz über der gesamten Wirtschaft schweben lässt.
12. Näher an uns ist der Skandal von EADS-Airbus, wo das, was man vermutete, jetzt vor aller Augen ausgebreitet wurde. Heute ist es offiziell, dass die größten Aktionäre von EADS über die mehrjährigen Verzögerungen beim Bau des Airbus informiert waren. Dies bedeutete, dass die Aktien sinken würden, und sie haben diskret vor diesem Kursabfall die ihrigen verkauft. Das Bekanntwerden dieses Verkaufs und dieser Verzögerungen hat im Übrigen den Fall der Kurse beschleunigt, denn kurz darauf fielen die Aktien von EADS um mehr als 50%. Wenn auch nicht erstaunlich, so ist doch das schlimmste daran, dass diese Finanzmänner, wie Lagardère, ihre Aktien nur so schnell verkaufen konnten dank der Hilfe des Staates, der sie mittels der Depositenkasse aufgekauft hat. All dies, um zu einer Situation zu führen, die mit der Ankündigung des Abbaus von 10.000 Stellen abschloss.
Nur die Bevölkerung und die Arbeiter waren in absoluter Unwissenheit.
13. Zumindest dem muss man ein Ende machen. Man muss zumindest diese Geldmächte kontrollieren und aufklären, was in den Aufsichtsräten vor sich geht, wissen, wer das Geld besitzt, wo es herkommt, wo es hingeht, wo es durchgeht und was die Vorhaben dieser Leute sind. Dies ist für uns ein wesentlicher Teil eines Programms, das für eine gewisse Zeit das Kräfteverhältnis zwischen Finanzmännern und Arbeitern ändern kann.
Es braucht sicherlich eines Kampfes von Format, um dies durchzusetzen, aber es ist auch nötig, dass ein Generalstreik sich nicht auf einen Streik beschränkt, der die Unternehmer bei Detailfragen zum Zurückweichen zwingt, bei Forderungen, die sie mit einer Hand geben und schnell mit der anderen wieder zurücknehmen können.
14. Die Politiker zu ersetzen, die vorne auf der Bühne stehen, wird nichts Grundsätzliches an dem Vorgenannten ändern. Die Parteien, die sich links nennen verteidigen ebenso wie diejenigen, die sich offen als Rechts bekennen, dieses soziale und wirtschaftliche System, selbst wenn die Linke und die Rechte in der Art nicht die gleiche Sprache haben.
Unsere Aktivität als Aktivisten muss daher weiterhin darin bestehen, diese Ideen innerhalb der Welt der Arbeit zu verteidigen, möglichst viele Arbeiter, junge und weniger junge Arbeiter, Kopf- wie Handarbeiter zu organisieren, um an diesen Kämpfen teilzunehmen und sich zu bilden, um hierfür in der Lage zu sein.
21. Oktober 2007