Zwischen 16. Januar und 21. Mai 2013 haben mehrere Hundert Arbeitende der Fabrik PSA Aulnay bei Paris einen Streik geführt, der das soziale Zeitgeschehen durch seine Dauer, durch einige seiner Aktionen, die die öffentliche Meinung der ArbeiterInnen getroffen haben, und durch seine Form der demokratischen Organisation der Arbeitenden selbst, geprägt hat. Die Arbeitenden haben in ihrem Kampf während dieser vier Monate einer der wichtigsten kapitalistischen Gruppen des Landes die Stirn geboten. In ihrem Kampf, der schnell sehr populär geworden ist, begegnete ihnen die Sympathie breiter Schichten der ArbeiterInnenklasse, die sie finanziell unterstützten, was ihnen erlaubte, ihre Streikkasse dreimal hintereinander zu füllen.
Die Arbeitenden von Aulnay standen vor der Schließung ihrer Fabrik. Im Rahmen der wirtschaftlichen Krise, die sich seit der Finanzkrise von 2008 verschlimmert hat, führen die KapitalistInnen einen hartnäckigen Kampf gegen die ArbeiterInnenklasse. Die Verschlimmerung der Ausbeutung, die Arbeitslosigkeit, die Entlassungen und die Fabrikschließungen - das heißt die Zerstörung der Produktivkräfte -, sind Waffen der KapitalistInnen, um ihre Profite in Krisenzeiten aufrecht zu erhalten.
Trotz der unaufhörlichen Angriffe der UnternehmerInnen sind die Reaktionen der ArbeiterInnen in Frankreich im Moment weiterhin sehr begrenzt. Die Moral der Arbeitenden, ihre Kampfbereitschaft bleibt schwach. Dieser Artikel ist nicht dazu da, die gewerkschaftlichen und politischen Verantwortlichkeiten dieser Situation erneut aufzugreifen. Aber es soll trotzdem daran erinnert werden, dass Jahre des Verrats durch linke Regierungen sowie die Politik der Gewerkschaftsleitungen, die sogar die Idee, den Angriffen der Bosse standzuhalten, im Stich gelassen haben, auf der ArbeiterInnenklasse schwer lasten.
In diesem Zusammenhang ist das Kraftverhältnis nicht zu Gunsten der Arbeitenden, um einem Konzern wie PSA (Peugeot Citroen) aufzwingen zu können, eine Fabrik nicht zu schließen, wenn dieser es beschlossen hat. Die Schließung eines Produktionsstandortes zu verbieten bedeutet, die Macht der UnternehmerInnenschaft über die Wirtschaft zu bestreiten. Das würde einen Kampf ganz anderen Ausmaßes erfordern, der wenigstens alle Arbeitenden des Konzerns in Bewegung setzt und der droht, weiter zu gehen. Das war für eine kleine Fraktion der Arbeitenden in einer einzigen Fabrik nicht erreichbar.
Der Streik stieß also auf enge Grenzen, die die AktivistInnen prüfen konnten, nicht durch abstrakte Überlegungen, sondern weil sie eine wirkliche Politik sowohl in Richtung einer Ausdehnung wie auch der demokratischen Organisation des Streiks machten, und die Suche eines fiktiven Aufkäufers ablehnten.
Weil sie sich weigern Illusionen zu säen, haben die revolutionären AktivistInnen versucht, die Forderung der Arbeitenden zu verwirklichen und die Weigerung, sich ohne Reaktion rauswerfen zu lassen, wirksam zu machen. Sie konnten Hunderte von Arbeitenden in einen sicherlich begrenzten aber entschlossenen Kampf mit einbeziehen. Das gab eine Idee davon, was im Rahmen der schwachen Kampfbereitschaft der ArbeiterInnen getan werden kann.
Ein Streik, der nach einer monatelangen Mobilisierung möglich gemacht wurde
In Aulnay entwickelte sich die Mobilisierung seit Juni 2011, dem Datum der Veröffentlichung des geheimen Plans der PSA-Leitung, die Fabrik 2014 zu schließen, durch die CGT (Confédération Générale du Travail, der der Kommunistischen Partei nahe stehende Allgemeine Gewerkschaftsbund).
Seitdem haben die revolutionären AktivistInnen unermüdlich versucht, die Arbeitenden zu versammeln, zuerst damit sie sich von der Wirklichkeit des Willens des Bosses, sie auf die Straße zu werfen, überzeugen und dann zu beginnen, über die möglichen Antworten gemeinsam zu diskutieren. Diese Gewohnheit, sich zusammen zu treffen, bereitete die Arbeitenden vor, geschlossen zu handeln; und das war später wertvoll.
Über Monate versuchten die AktivistInnen die Arbeitenden der Fabrik zu verstärken, indem sie die meisten unter ihnen versammelten und vorschlugen, sich an alle Arbeitenden zu wenden - einschließlich an jene, die seit Jahren der SIA (Unabhängigen Gewerkschaft der Autoindustrie) folgten, welche in der Fabrik in der Mehrheit war und mit der Leitung zusammenhing. Die AktivistInnen empfahlen also eine Art gewerkschaftlicher Einheit aber sie ließen sich nicht in einem übergewerkschaftlichen Bündnis einsperren, das außerhalb der Kontrolle der Arbeitenden gebaut werden würde. Im Gegenteil suchten sie immer gleichzeitig, dass die Arbeitenden sich durch punktuelle Mobilisierungen selbst organisieren.
Die PSA-ArbeiterInnen nutzten den Präsidentschaftswahlkampf von 2012, um die verschiedenen Kandidaten zu einer Erklärung aufzufordern. Während viele Illusionen in Hollande hatten, sahen sie durch diese Mobilisierungen die Einstellung der verschiedenen Politiker aus der Nähe und lernten immer mehr nur auf ihre eigenen Kräfte zu vertrauen. Diese Bewusstwerdung war für die Folge wichtig.
Am 12. Juli 2012 kündigte die PSA-Leitung offiziell ihre Absicht an, die Fabrik in Aulnay zu schließen, was dreizehn Monate Lügen beendete. Die Chefs erklärten den ArbeiterInnen, dass sie eine Stunde frei hätten, um ihre Familie anzurufen, bevor sie die Arbeit wieder aufnahmen sollten. Diese Nachricht, auf die die Arbeitenden vorbereitet waren, war trotzdem ein Schock. Um etwas zu unternehmen, demonstrierten die AktivistInnen der CGT in der Fabrik und gaben so das Bild zorniger und nicht gebrochener ArbeiterInnen. Dann fand eine Versammlung vor den Türen der Fabrik statt, mit 800 Arbeitenden, darunter einige, die zum ersten Mal zu einem von den Gewerkschaften ausgerufenen Treffen kamen. Die LO-AktivistInnen schlugen die Organisation eines Vorbereitungsausschusses des Kampfes vor, welches von den anwesenden Arbeitenden sofort gewählt wurde. Die mit diskutieren, überzeugen und mobilisieren verbrachten Tage erlaubten, nun wertvolle Zeit zu gewinnen, denn gleich am nächsten Tag war es möglich wieder in Gang zu kommen, was ohne diese Monate der Versammlungen und Organisation viel schwieriger gewesen wäre.
Infolge der Ankündigung der Schließung wagte wohl die Regierung einige Sätze gegen PSA. Im Juli sagten Hollande und der Industrieminister Montebourg, dass der Plan von Entlassungen bei PSA vom Staat nicht akzeptiert würde. Aber sehr schnell zeigte der letztere sein echtes Gesicht als fleißiger Diener der Unternehmen. Ende August rief Montebourg die Gewerkschaften von PSA zur wirtschaftlichen Verantwortung auf, um die Automobilhersteller nicht zu schwächen. Seit September erklärte die Regierung, dass die Schließung von Aulnay unausweichlich sei. Von jetzt an hörte sie nicht mehr auf, PSA zu unterstützen. Im Herbst versprach sie, für die hauseigene Bank PSA Finance mit 7 Milliarden Euro zu bürgen. Und während des Streiks sollte die Komplizenschaft der Regierung noch stärker sichtbar werden.
Deshalb hatte das erworbene Bewusstsein - der Vergleich, was die Führer der Sozialistischen Partei während des Wahlkampfs sagten und was sie danach machten - eine besondere Wichtigkeit in der folgenden Mobilisierung, als die Arbeitenden nicht nur PSA sondern auch einer Regierung gegenübertreten mussten, die nie zögerte, die Bereitschaftspolizei gegen sie zu schicken und sie gerichtlich zu verfolgen.
Die Arbeitenden lernen ihren eigenen Kampf leiten
Im Sommer 2012 erlaubte das Kräfteverhältnis in der Fabrik nicht, den Streik sofort zu starten. Dagegen war es möglich, sich auf den Kampf vorzubereiten und die Organisation der Arbeitenden zu verstärken. Ab September organisierten die AktivistInnen Versammlungen, die höchstens 300 Arbeitende pro Schicht zusammenfassten. Man war noch weit davon entfernt, die gesamte Fabrik in der Aktion zu haben, aber mehrere hunderte Arbeitende wollten gegen PSA kämpfen. Trotz des Drucks der Hierarchie und der Feindseligkeit der SIA schafften sie es, sich jede Woche bis zum Streik zu treffen, selbst wenn die Anzahl der TeilnehmerInnen im Laufe der Wochen sank. Dieser Aspekt der Politik der RevolutionärInnen war nicht sekundär, weit gefehlt. Sicherlich ist es wichtig, dass Arbeitende den Kampf gegen die Unternehmerangriffe aufnehmen. Aber es ist noch wichtiger, dass sie ihre Kämpfe leiten lernen, denn es ist die einzige Garantie, dass der Kampf gegen die UnternehmerInnen bis zum Ende geführt werden kann, ohne von gewerkschaftlichen oder politischen Leitungen verraten zu werden, die bereit sind, der Bourgeoisie zu retten, was zu retten ist. Und da diese grundlegenden Ideen der ArbeiterInnenbewegung seit Jahrzehnten von den reformistischen gewerkschaftlichen Strömungen bekämpft werden, muss man den politischen und kämpferischen Willen haben, diese Form der Organisation der Arbeitenden bestehen zu lassen.
Ein Aspekt der Kontrolle der Arbeitenden über ihren eigenen Kampf war, dass sie über ihre eigenen Forderungen entschieden. Wenn sie die Schließung der Fabrik anprangerten, änderte das nichts daran, dass die Hunderten Arbeitenden von PSA Aulnay mit einem "Sozialplan" konfrontiert waren. Im Herbst 2012 fanden mehrfache Versammlungen statt, in denen die Arbeitenden über ihre individuellen Forderungen diskutierten. Sie arbeiteten gemeinsam eine von einer Gesamtversammlung angenommene, dann von 1.600 Beschäftigten unterzeichnete Forderungsliste aus. Die wichtigsten Forderungen waren die Ablehnung der Schließung der Fabrik, aber auch der Widerruf des so genannten "Plans zum Schutz der Beschäftigung", eine während fünf Jahren geöffnete Vorrichtung für eine Frührente mit 55 Jahren, eine Fixanstellung für alle und eine Abfindungssumme von 130.000 Euro.
Indem sie über ihre eigenen Forderungen entschieden und sich auf dieser Basis mobilisierten, stießen die Arbeitenden auf die Feindseligkeit mehrerer Gewerkschaften (SIA und SUD), die verweigerten, sich dem in den Vollversammlungen ausgedrückten Willen der Arbeitenden zu unterwerfen.
Zum Streik
Währenddessen bestand die Politik der Leitung im Versuch, den Arbeitenden zuzusetzen, und sie mit Scheinverhandlungssitzungen warten zu lassen. So stand in den Werkshallen das Stimmungsbarometer auf Abwarten. Zwischen September und Dezember 2012 nahmen die Aktionen zu, aber die Mobilisierung blieb dennoch auf einen entschlossenen Kern beschränkt, ohne das ganze Fabrikpersonal mit ein zu beziehen. Gleichzeitig verschlimmerten sich die Spannungen zwischen jenen, die kämpfen wollten und jenen, die noch auf Verbesserungen des Sozialplans hofften. Die Leitung profitierte davon, und sie hoffte so, den militanten Kern, der sich gebildet hatte, zu schlagen. Am Jahresende 2012 wusste ein großer Teil der Arbeitenden, dass es keinen Zweck hatte, länger zu verhandeln. Aber nur eine Minderheit stellte sich die Frage, den Streik aufzunehmen. Hingegen stellte sich unbestrittenerweise ein neues Problem. Die Leitung wollte eine Nachtschicht im Poissy-Werk am 15. Februar 2013 starten, um zu beginnen, die Produktion des C3-Modells dorthin zu verschieben. Es blieb kaum Zeit, bevor die Leitung begann, die Aulnay-Fabrik zu leeren. Man musste also versuchen, eine Aktion durchzuführen und den Rest der Fabrik vor diesem Datum mit ein zu beziehen. Es hieß jetzt oder nie.
Der Streik war also die Frucht der freiwilligen Politik der am meisten entschlossenen Beschäftigten, ohne dass eine Zornexplosion stattfand. Ab den ersten Tagen des Januar 2013 führten die AktivistInnen Diskussionen ein: über die Möglichkeit eines Streiks, eines Blockierens der Fabrik, über die Form des Streiks (unbeschränkt oder jeden Tag wieder angenommen), wie man die Streikkasse würde füllen können. Die Idee machte ihren Weg: Um zu versuchen, PSA einen Rückzieher machen zu lassen, um "unsere Haut so teuer wie möglich zu verkaufen", musste man zur höheren Stufe übergehen und die Produktion des C3 durch einen Streik einstellen. Aber nichts außer der Aktion selbst erlaubte es zu wissen, ob diese Minderheitsmeinung stärker geteilt werden konnte.
Am 16. Januar um 6 Uhr morgens waren 200 Arbeitende vor den Werkstoren anwesend, um zum Streik aufzurufen. Dann gingen sie durch die Werkshallen, um die ArbeiterInnen mit hineinzuziehen, was zur schnellen Einstellung der Produktion führte. Die Streikenden standen zu ungefähr 300 bei einer Vollversammlung da, um den Streik anzunehmen. Sie wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht - niemand, auch nicht die AktivistInnen, konnte sich vorstellen - dass sie sich damit für vier Monate Streik engagierten.
In den ersten Tagen nahm der Streik Anlauf und dehnte sich aus, was der Leitung Angst genug machte, dass sie zum ersten Mal Kleinigkeiten in den Maßnahmen des "Sozialplans" losließ. Die Versetzungs-Abfindung wurde erhöht sowie der Neuklassierungsurlaub. In zwei Tagen erhielten die Streikenden mehr als in mehreren Monaten Verhandlungen. Aber das reichte nicht aus, den Streik lahmzulegen, im Gegenteil. Am Freitag, den 18. Januar, waren die Streikenden ungefähr 600. Dann, ab dem folgenden Montag, schloss die Leitung die Fabrik zu, führte eine Aussperrung durch, um die Streikenden zu zerstreuen und zu versuchen, sie durcheinander zu bringen.
Ein Streik, der von den Arbeitenden selbst geleitet wurde
Trotz der Aussperrung wurde eine demokratische Organisation des Streiks von den Streikenden schnell aufgebaut. Die Erfahrung des Streiks von 2007 diente als Ausgangsbasis. Vollversammlungen traten täglich zusammen und trafen alle Entscheidungen. Dieser Grundsatz war das einzige Mittel, damit die Arbeitenden über alles entscheiden und wirklich am Verlauf des Streiks teilnehmen. Zusätzlich zu den Vollversammlungen wurde ein Streikkomitee aufgebaut, das sich schließlich auch täglich traf und der Ort wurde, wo die zu ergreifenden Maßnahmen, die grundlegenden Entscheidungen und die aufgetretenen Probleme diskutiert wurden. Es hatte Kampfmonate gedauert, damit die Arbeitenden sich ziemlich stark fühlten, um sich selbst zu lenken. Aber von nun an verstärkte diese Art der Organisation das Vertrauen der Streikenden in ihre Kraft und ihre Verbindungen.
Ausschüsse funktionierten mit der Teilnahme und der Energie zahlreicher Streikender. Ein Team von "Stempel-Kontrolleuren" wurde ins Leben gerufen: Jeden Morgen kreuzte es die Anwesenheit der Streikenden an und diese waren stolz, ihre Streikkarte vorzulegen. Der Finanzausschuss hatte eine entscheidende und schwierige Rolle, denn die daran teilnehmenden AktivistInnen hatten insgesamt mehr als 800.000 Euro in aller Offenheit zu verwalten. Ein anderer Ausschuss übernahm den Kontakt mit verschiedenen Betrieben, um Spendenaktionen und Treffen zu organisieren und den Streik bekannt zu machen. Schließlich nahm ein Team von Arbeitenden spontan die Organisation des Kaffee- und Teekochens und der Mahlzeiten in die Hand. Aber deren Hauptnahrungsmittel war eigentlich die Brüderlichkeit, der Stolz und die Freude der Arbeitenden in Kampf.
Jede/r konnte entdecken, wozu sie/er individuell und gemeinschaftlich fähig war. Diese Lehre, sogar in einem kleinen Maßstab, war eine Verwirklichung der Idee, dass die Arbeitenden an ihrer Emanzipation selbst arbeiten können.
Eine Politik gegenüber den Nicht-Streikenden
Die Streikenden sollten sich auch gegen die Verleumdungskampagne verteidigen, die von der Betriebsleitung inszeniert und weitgehend durch die Presse abgelöst wurde. Mit allen Mitteln versuchte die Leitung, nicht nur die Streikenden in Misskredit zu bringen, sondern auch einen Graben zwischen ihnen zu schaffen. Während mehrerer Wochen stellten Wachmänner eine stramme Anwesenheit auf dem Parkplatz zur Schau, um die ArbeiterInnen zu beeindrucken. 200 von anderen Standorten gekommene leitende Angestellte wurden ständig dem "Platz des Streiks" gegenüber aufgepflanzt, um jene einzuschüchtern, die zu den Versammlungen kamen. Sie gingen auch durch die Werkshallen herum, um die Diskussionen mit den Nicht-Streikenden zu verhindern und Druck zu machen, damit sie die Arbeit aufnehmen.
Zunächst konnte diese Einschüchterungspolitik eine gewisse Distanz zwischen Streikenden und Nicht-Streikenden schaffen. Aber sie schuf es nicht, den Streik zu brechen. Mehrere hundert Arbeitenden blieben im Streik. Und sie konnten diese Entfernung bekämpfen und sich schließlich auf die passive aber wirkliche Sympathie der Nicht-Streikenden stützen. Zu keinem Zeitpunkt während der vier Monate konnte die Leitung die Produktion wieder starten lassen. Es war nicht nur die Anwesenheit der Streikenden, die es verhinderte, sondern auch der Widerstand der Nicht-Streikenden. Diese Unterstützung war also ein wichtiges Element des Streiks. Später, in jeder wichtigen Etappe des Streiks, konnten die Arbeitenden in Kampf die Nicht-Streikenden bitten, an punktuellen Aktionen teilzunehmen, um Druck auf die Leitung auszuüben.
Ein militanter Streik
Die AktivistInnen haben nicht nur alles gemacht, um den Streik in der Fabrik auszudehnen sondern sie haben wirklich eine Politik gegenüber Arbeitenden anderer Fabriken geführt. Selbst wenn sie sich kaum Illusionen über die Ausdehnungsmöglichkeiten machten, haben sie in diese Richtung gekämpft. Das bedeutete in erster Linie fähig zu sein, Zielsetzungen so zu formulieren, dass andere Arbeitende sich betroffen fühlen können. Es ist das, was die Arbeitenden von Aulnay versucht haben, mit ihrem Slogan: "Keine Fabrik darf schließen! Verbot aller Entlassungen!". Das bedeutete auch, sich an die anderen Arbeitenden und in erster Linie an jene der PSA-Gruppe zu wenden.
Vom dritten Tag an gingen die Streikenden den Arbeitenden von PSA Saint-Ouen entgegen. Diese Fabrik, die nächste bei Aulnay, hatte viele Vorteile. Die CGT bekommt dort 52 % der Stimmen, die Arbeitenden haben eine gewisse Gewohnheit zu kämpfen, einige kennen KollegInnen von Aulnay, und diese Fabrik hat außerdem eine strategische Rolle für die Produktion der ganzen Gruppe. Am Freitag, den 18. Januar, drangen 150 Streikende heimlich in die Fabrik von Saint-Ouen ein. Während die Leitung und die Polizei sie vor dem Standort erwarteten, schlichen sie sich... hinten hinein. Diese Aktion, die erste in ihrer Art, war ziemlich spektakulär, denn sie zeigte die Entschlossenheit und die Organisationskapazität der Streikenden. Sie wurde von den Arbeitenden von Saint-Ouen gut empfangen, während die PSA-Leitung ihren Willen bereits ankündigte, in Richtung schädlicher "Wettbewerbsfähigkeitsabkommen" für alle zu gehen. Später gingen die Arbeitenden von Aulnay mehrmals vor die Türen von Saint-Ouen zurück, aber nie zogen sie ihre GenossInnen in den Kampf mit hinein.
In der folgenden Woche gingen die PSA-Streikenden zu den Arbeitenden von Renault Flins, die gegen das von ihrem Chef erzwungene Wettbewerbsfähigkeitsabkommen die Arbeit niedergelegt hatten. Bei ihrer Ankunft brauchten sie nur ein Gitter zu öffnen, um sich mit den Rufen von "Renault, PSA - selber Kampf" den Renault-ArbeiterInnen in einer besonders herzlichen Stimmung anzuschließen. Dieselbe Aktion wurde am 30. Januar mit einem Besuch bei den Arbeitenden von Renault Cléon erneuert, die noch gegen das Projekt ihrer Leitung streikten. Zu Beginn des Streiks haben die Streikenden ein Flugblatt, eine Adresse der Streikenden von PSA Aulnay, veröffentlicht, die sie bei ihren Besuchen anderer Fabriken, in den Bahnhöfen und bei den verschiedenen Aktionen, während allerlei Demonstrationen und Geldsammlungen verteilt haben.
Die im Kampf stehenden PSA-Arbeitenden nahmen an allen Demonstrationen teil, die gegen Entlassungen oder die Politik der Bosse organisiert wurden. Am 29. Januar schlossen sie sich der Demonstration der Beschäftigten von Virgin an, die gegen die Schließung des Geschäfts auf dem Champs-Élysées protestierten, dann jener von Sanofi, Goodyear und anderer Betriebe vor dem Arbeitsministerium. Es muss bemerkt werden, dass während dieses Demonstrationstages des 29. Januar sie die einzigen waren, die die Anstrengung unternahmen, sich allen Demonstrationen anzuschließen, während die Arbeitenden der anderen Unternehmen getrennt in ihrer Ecke blieben... indem sie über die "Konvergenz" (das Zusammengehen) der Kämpfe diskutierten!
Während dieser vier Monate haben die wenigen hundert Streikenden die Demonstrationen, alleine oder mit anderen Arbeitenden, vervielfältigt, andere Fabriken (PSA Saint-Ouen, PSA Poissy, Renault Flins, Renault Cléon, Lear, Geodis, Faurecia, Air France, etc.) nacheinander besucht, egal ob in diesen gestreikt wurde oder nicht. Sie konnten Sympathie erregen, die sich auf mehrfache Weise geäußert hat. Die zahlreichen Geldsammlungen vor den Unternehmen, auf Bahnhöfen, an den Autobahnmauten oder auf Demonstrationen dienten gleichzeitig dazu, den Streik bekannt zu machen, allen zu zeigen, dass die PSA-Arbeitenden sich nicht alles gefallen ließen und Moral hatten. Durch ihre eigenen Handlungen verteidigten sie die Idee, dass, um sich zu wehren, die Arbeitenden nur auf ihre eigenen Kräfte zählen können, mit ihren Waffen, den Demonstrationen und dem Streik, und dass nur ein gemeinsamer Kampf die UnternehmerInnenschaft wirklich abschrecken kann.
Aber da die Streikenden in der Minderheit innerhalb der Fabrik waren, konnten sie die anderen PSA-Arbeitenden, die vom "Sozialplan" betroffen waren, nicht mit einbeziehen. Und noch weniger jene der anderen Unternehmen. Diese Feststellung machten sie nicht abstrakt, sondern indem sie diese freiwillige und entschlossene Politik gegenüber den anderen Arbeitenden führten. Das war kein Eingeständnis einer Niederlage aber eine unentbehrliche Erkenntnis, um den Kampf fortzusetzen.
Das hinderte sie nicht, den Streik so weit wie möglich zu führen. Denn die beste Art, die Zukunft, die zukünftigen Kämpfe vorzubereiten, war derart zu handeln, dass die Arbeitenden aus diesem Kräfteverhältnis alles holen, was möglich war, und besonders dafür zu sorgen, dass der Kampf kollektiv und demokratisch ist, was die Entscheidungen und auch die Ausführung dieser Entscheidungen betrifft.
Als der Streik wieder an einem Wendepunkt stand, da die Lage ins Stocken geraten war und die Leitung die Streikenden weiterhin niederschlug, erörterten diese alle Probleme, alle Meinungsverschiedenheiten, alle Schwierigkeiten. Und sie beschlossen zusammen und bewusst, den Kampf fortzusetzen. Sie wollten nicht die Arbeit wieder aufnehmen, während einige von ihren GenossInnen entlassen waren. Sie trafen also die Wahl, weiter zu streiken. Dann haben die Arbeitenden, obwohl sie nur einige Hunderte waren und gegen die Unternehmerschaft und die Regierung kämpfen sollten, angekündigte oder überraschende Aktionen gegen PSA, die Unternehmer und die Regierung ausgeweitet - und all diese waren wütend, dass ihre Herrschaft in Frage gestellt wurde.
Am 28. März drangen ohne Schwierigkeit 130 Arbeitende in die Räumlichkeiten der Unternehmerorganisation Medef, dem Allerheiligsten der Unternehmerschaft, ein. Diese neue Kraftdemonstration gefiel nicht! Die Tatsache, dass die Unternehmer nicht mehr die Meister im eigenen Hause waren, lag ihnen schwer im Magen. Diesmal begnügte sich die Bereitschaftspolizei nicht damit, die Arbeitenden am Ausgang zu erwarten, sondern sie schleppte sie in Transportwagen.
Die gelungenste dieser unterschiedlichen und zahlreichen Aktionen war das Eindringen in den Nationalrat der Sozialistischen Partei am Samstag, den 13. April in der "Stadt der Wissenschaften" von Paris-La Villette. Die Bereitschaftspolizei war an den U-Bahn-Ausgängen zusammengezogen und sie meinte, auf diese Weise die DemonstrantInnen in eine Falle zu locken! Aber erneut gewannen die Organisation und die Entschlossenheit der Streikenden die Oberhand über die Polizei und den Ordnerdienst der Sozialistischen Partei.
Diese Aktionen ließen nicht nur vom PSA-Streik reden und erlaubten, seine Isolierung ein ganz klein wenig zu brechen, sondern sie waren eine Demonstration der Stärke und des Zusammenhalts. Die Art und Weise, wie der Streik organisiert wurde und der Wille, den Kampf fortzusetzen, erlaubte den Arbeitenden, die den Kopf nicht senken wollten, zu reagieren.
Die Feindseligkeit der Nationalleitung der CGT
Die Form dieses Streiks erklärt auch die Haltung der Nationalleitung der CGT. Während der Streik die massive, finanzielle und moralische Hilfe vieler CGT-AktivistInnen und des Bezirksverbands der CGT vom Departement Seine-Saint-Denis fand, blieb die Nationalleitung der Gewerkschaft hingegen sehr distanziert. Wegen der Anwesenheit revolutionärer AktivistInnen an der Spitze der Gewerkschaft in Aulnay, aber vor allem weil sie die Organisation der Arbeitenden in diesem Streik nicht gerne sah, hat die Leitung der CGT den Kampf nicht als den ihren betrachtet. Selbst wenn sie keine Verallgemeinerung des Kampfes auf die ganze ArbeiterInnenklasse befürchten konnte, wird die einfache Tatsache, dass die Arbeitenden sich organisieren und selbst entscheiden, mit viel Argwohn und sogar mit Feindseligkeit von den gewerkschaftlichen Führern betrachtet, die mehr daran gewöhnt sind, die Rolle von Rechtsanwälten der Arbeitenden zu übernehmen, als zu wollen, dass diese sich selber verteidigen. Aber das liegt auch daran, dass die Politik der CGT unbedingt nicht darin besteht, die Arbeitenden auf eine echte Auseinandersetzung mit den Bossen vorzubereiten. Im Gegenteil, während es hunderttausende AktivistInnen und bewusste Arbeitende in diesem Land gibt, schlägt die Nationalleitung keine andere Politik vor, als vor Ort mit den Chefs zu reden, sei es über die Wettbewerbsfähigkeit oder eine Pseudo-"andere Industriepolitik".
Sogar in diesem Rahmen schwacher Kampfbereitschaft der ArbeiterInnenschaft war der Streik von Aulnay eine Demonstration von dem, was möglich wäre. Er hat gezeigt, dass es bewusste Arbeitende gibt, die bereit sind, Kämpfe zu führen, die, wenn sie auch begrenzt sind, doch im Grunde die ganze ArbeiterInnenklasse betreffen. Und mit dem Streik von Aulnay sah man, wie sehr sogar der Kampf einer Minderheit die Sympathie der anderen Arbeitenden findet, und schließlich die Moral vieler unter ihnen aufmuntert, allen voran derjenigen, die den Streik geführt haben und darauf stolz sind.
Die Einstellung von SUD bei PSA Aulnay
Nebenbei ist es interessant, die Politik der Verantwortlichen der SUD-Gewerkschaft von PSA Aulnay zu kommentieren, der die NPA (Nouveau Parti anticapitaliste: Neue Antikapitalistische Partei) sich manchmal so nahe fühlt. Zwischen Juni 2011 und Juli 2012 hörten die Führer dieser Gewerkschaft nicht auf, zu behaupten, dass das Gerücht der Schließung der Fabrik nur eine Lüge sei, die von LO verbreitet wurde, um ihren Wahlkampf vorzubereiten. Und während des Präsidentschaftswahlkampfs von 2012 widersetzten sie sich den Aktionen, unter dem Vorwand, keine Politik zu treiben. Erst einige Tage vor der offiziellen Ankündigung durch die Leitung, schlugen die Flugblätter der Gewerkschaft einen anderen Ton an. Im Juli 2012, machte SUD eine 180 Grad-Kehrtwende und schlug von nun an das "Blockieren der Produktion" vor, ohne die wirkliche Mobilisierung der Arbeitenden in Rücksicht zu nehmen. Später lehnten die Verantwortlichen von SUD ab, die von den Lohnabhängigen beschlossenen Forderungen zu beachten, unter dem Vorwand, die Losung "Nein zur Schließung der Fabrik" zu verteidigen.
Ab Januar 2013 fanden sich die SUD-AktivistInnen und Mitglieder im Streik wieder. Aber die Verantwortlichen der Gewerkschaft, wenn sie zu den medialen Aktionen oder den wichtigsten Treffen kamen, hielten sich regelmäßig von der Organisation des Kampfes und dem Streikkomitee fern. Während sie an den Aktionen teilnahmen, vermieden sie, sich unter die Kontrolle der Arbeitenden zu setzen. Im März führte SUD eine Beschwerde gegen den Sozialplan ein, ohne die Meinung der Streikenden zu berücksichtigen. Das führte zu Spannungen, und die SUD-Verantwortlichen verschwanden während mehrerer Wochen. Aber sie kamen im Mai 2013 überstürzt zurück, bei der Wiederaufnahme der Verhandlungssitzungen mit der Konzernleitung zu einem Abkommen für das Ende des Streiks. Sie wollten sich in die Delegation durchsetzen, gegen den Willen der Vollversammlung. Vor dieser Ablehnung der Versammlung erklärte der Vorsitzende von SUD, dass er sich nie der Meinung der Streikenden-Versammlung unterwerfen würde und beschloss sofort, mit dem Streik aufzuhören. Nur die Hälfte der SUD-AktivistInnen folgte ihm, die zehn anderen streikten mit ihren KampfgenossInnen weiter.
Die ganze Einstellung von SUD bei PSA-Aulnay ist ziemlich typisch dafür, wie ein Scheinradikalismus eine Politik verheimlichen kann, die darauf abzielt, die Arbeitenden daran zu hindern, sich bewusst zu mobilisieren, und besonders unabhängig von den Apparaten zu organisieren.
Die NPA und die alte Leier über "die Konvergenz der Kämpfe"
Die Presse der NPA war ihrerseits nicht geizig mit mehr oder weniger offenen Kritiken über die Art und Weise, wie die AktivistInnen von LO den Streik bei PSA Aulnay führten.
Im Juli 2012, zum Zeitpunkt der offiziellen Ankündigung der Werksschließung, schrieb die Zeitung der NPA Tout est à nous, bezüglich der Perspektiven, die von den AktivistInnen von LO bei der Versammlung auf dem Parkplatz der Fabrik vorgeschlagen wurden: "Nur der SUD-Vertreter drückt das Wort 'Streik' aus. Und zum Schluss eine sehr entschlossene Intervention von Philippe Julien, von der CGT: ,Wir werden uns nicht alles gefallen lassen, wir werden uns wehren, und wir werden PSA die Lust darauf nehmen, eine Fabrik zu schließen'. Gleichzeitig eine lange Tirade gegen den 'sofortigen Streik', mit dem, laut ihm, die Betriebsleitung mit ihrer Politik der Reduzierung der Aktivität und der Abschaffung einer Schicht sich abfinden würde. Die einzige präzise Perspektive ist eine Gesamtversammlung am 11. September, die durch die Bildung eines Mobilisierungsausschusses vorbereitet wurde, der den Gewerkschaftsmitgliedern und den Nichtorganisierten zugänglich ist. Die NPA wurde von etwa zwanzig GenossInnen vertreten, und Philippe Poutou, der herzlich von den Lohnabhängigen der Fabrik begrüßt wurde, konnte sich vor den zahlreichen anwesenden Medien ausdrücken."
Die Arbeitenden dazu aufzurufen, sich zu organisieren, um die kommenden Kämpfe vorzubereiten, stellt für den Autor des Artikels nur eine schwache Perspektive dar im Vergleich zu einem Sofortaufruf zum Streik... fünf Tage vor der Urlaubssperre der Fabrik. Die AktivistInnen der NPA, die ohne Unterlass vorschlagen, dass die GewerkschaftsaktivistInnen verschiedener Prägungen sich treffen, sich strukturieren - und damit sogar die Grundrichtung ihrer Politik machen -, scheinen die grundlegende Wichtigkeit nicht zu verstehen, die ArbeiterInnen selbst zu organisieren.
Im November 2012 schrieb Tout est à nous: "Die Unzulänglichkeit der Versuche der Ausweitung auf andere PSA-Standorten sogar auf andere Betriebe, die Beachtung des von der Leitung oder den Experten ausgemachten Zeitplans, die bevorzugte Allianz mit der SIA haben nicht erlaubt, die wirklichen Mobilisierungsschwierigkeiten zu überschreiten." Im Klartext behauptete die NPA, dass die Ausweitungsversuche nicht ziemlich zahlreich gewesen wären, weil die AktivistInnen den von der Leitung bestimmten Zeitplan für die Verhandlungen bevorzugten und die Allianz mit der SIA aufrecht erhalten wollten. Bezüglich dieses letzten Punkts muss trotzdem festgestellt werden, dass es sich im November 2012 nicht mehr um eine Einheitspolitik mit der SIA handelte - eine Allianz kam nie in Frage. Sogar in der Periode, wo gemeinsame Aktionen mit der SIA durchgeführt worden waren, hatte dies die AktivistInnen nicht gehindert, weder sich zu mobilisieren, noch weniger die Organisation der Arbeitenden zu begünstigen. Was die Ausweitungsversuche betrifft, muss man wirklich die Realität nicht kennen, um zu behaupten, dass sie nicht ziemlich zahlreich seien. Die kämpfenden Arbeitenden von PSA Aulnay machten alles, was möglich war, um sich an die anderen Arbeitenden zu wenden und einen Ausdehnung der Kämpfe zu begünstigen.
Aber in der Tat ist es nicht das, was die NPA den LO-AktivistInnen wirklich vorwirft. Was sie wirklich kritisiert, das ist die Tatsache, dass wir ihren Willen nicht aufnehmen, Kollektive mit GewerkschaftsaktivistInnen von mit Entlassungen betroffenen Unternehmen einzusetzen, mit der Hoffnung, dass die Schaffung solcher Strukturen die Kampfbereitschaft anspornt. Im März 2013 schrieb erneut Tout est à nous: "Das Problem liegt daran, dass der Streik sich nicht intern verstärkt (ungefähr 300 Streikende vor dem PSA-Sitz während der Sitzung des Zentralbetriebsrats) und dass die Perspektive der Ausdehnung auf die anderen Standorte oder der Konvergenz mit den anderen Beschäftigten, die durch Entlassungspläne betroffen sind, nicht offensichtlich sind. In der Tat schafft die Beispielhaftigkeit eines sogar entschlossenen Streiks keine Bewegung, zumindest in der derzeitigen Lage. Die Konvergenz kann also nur eine freiwillige Politik sein, die durch Kontakte zwischen militanten Teams aufgebaut wird, indem sie das eigene Tempo von jeder Mobilisierung berücksichtigt". Die Illusion, nach der ein Streik durch seine "Vorbildlichkeit" andere verursachen kann, bestand sicher im Kopf des Autors des Artikels aber nicht in dem der LO-AktivistInnen in Aulnay. Außerdem ist es bemerkenswert, dass, nachdem sie die Schwierigkeiten die Bewegung auszudehnen, zugegeben hat, die NPA erklärt, dass man also die "militanten Mannschaften versammeln muss".
Seit Jahren besteht die Politik der NPA in der Hoffnung, dass AktivistInnen von den Arbeitenden unabhängige Strukturen mit ihr auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner bilden wollen, eher als innerhalb der ArbeiterInnenklasse eine revolutionäre Politik zu führen. Jedoch war der Streik von Aulnay positiv. Einige Hunderte Arbeitende haben während mehrerer Monate gezeigt, dass der Kampf möglich ist. Die Streikenden von Aulnay gingen bis zum Ende ihrer Möglichkeiten. Nur das ist ein moralischer Sieg. All jene, die sich von diesen zornigen und kämpfenden Arbeitenden vertreten fühlten, wissen es wohl. Und viele hatten das Gefühl, dass es wohltuend war, Werktätige zu sehen, die ihren Boss bestreiten, ihn bekämpfen und den Kopf wieder aufrichten.
Und insbesondere in diesem Streik haben die Arbeitenden erfahren, dass sie ihr Schicksal in die Hand nehmen konnten, über ihren Kampf zu entscheiden. In einem Interview in Humanité-Dimanche, der KP-Wochenzeitung, vom 20. Juni erklärt Philippe Julien, LO-Aktivist und Sekretär der CGT bei PSA Aulnay: "Die größte Schwierigkeit eines Streiks - wie einer Gesamtbewegung und sogar der ganzen Gesellschaft - besteht darin, dass die Lohnabhängigen, menschliche Wesen, es erreichen, über ihre Probleme, über das Ziel, das sie sich geben, zusammen zu diskutieren, und kollektiv beschließen. Es ist kompliziert, sich selbst demokratisch zu leiten, von hunderten von verschiedenen Gedanken zu etwas Einzigem zu gelangen. Was tun, damit die Vielfalt der Gesichtspunkte sich nicht vernichtet, sondern eine Kraft darstellt?
Es ist ein bisschen diese Alchimie, die während des Streiks eingetreten ist. Wie es damals in der Arbeiterbewegung stattfand: mit einem Streikkomitee. Grundsätzlich ist es einfach. Es handelt sich darum, dafür zu sorgen, dass die Lohnabhängigen zusammen diskutieren und bestimmen, was sie machen werden. Selbstverständlich geht man nicht von Null weg. In einer Fabrik gibt es immer AktivistInnen, die eine Erfahrung haben, die das Gedächtnis des Werkes sind. In Aulnay war der erste große Streik jener von 1982. (...) Die Frage, die sich stellte, war folgende: Ist es möglich gemeinsam zu handeln? Während die ganze Organisation einer Fabrik und sogar der Gesellschaft darauf abzielt, das Gegenteil denken zu lassen. Bis auf seinem Arbeitsplatz sieht ein/e ArbeiterIn es sich aufgezwungen, was er/sie montieren soll, in welcher Ordnung, auf welcher Art; jede Bewegung wird genau analysiert. Es ist eine totale Entfremdung. Das Kunststück der unternehmerischen Organisation besteht darin, tausende von Lohnabhängigen zusammen zu stellen und es zu erreichen, aus ihnen isolierte Individuen zu machen. (...) Wenn wir die schwierigen Momente des Streiks überwinden konnten, liegt es daran, dass ArbeiterInnen zusammen nachdenken, ihre Ideen einander gegenüberstellen, Entscheidungen treffen und handeln konnten. In unserer Gesellschaft gibt es einerseits diejenigen, die entscheiden und andererseits jene, die nur Befehle ausführen. In einem demokratisch geleiteten Streik sind es dieselben, die beschließen und danach handeln. Die bekannte Kluft zwischen der gesetzgebenden und der exekutiven Gewalt verschwindet. Es ist eine Wiederaufnahme der Tradition, die durch die Pariser Kommune errichtet wurden. Das macht die Kraft einer Streikbewegung, und das sollte sich auf die gesamte Gesellschaft verallgemeinern."
Der zusammen geführte Kampf hat Verbindungen, eine Solidarität, eine Brüderlichkeit geschaffen, die all jene, die an diesem Kampf teilgenommen haben, umgewandelt hat. Kein/e Streikende/r geht aus diesen vier Monaten hervor identisch mit dem, was sie/er am 15. Januar 2013 war.
Ginge es nur darum, was gelernt wurde, war dieser Streik ein Sieg.
25. Juni 2013