Unsere Leser schreiben: über den Schleier (aus Lutte Ouvrière - Arbeiterkampf - von Dezember 2003)

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Unsere Leser schreiben: über den Schleier
Dezember 2003

Seit einigen Tagen vervielfachen sich die (übrigens stark von Männern eingeschlossenen) Demonstrationen von Frauen, die das Recht fordern, den so genannten islamischen Schleier zu tragen.

Ich habe in Ägypten gelebt und möchte daran erinnern, dass zahlreiche Frauengenerationen in den muslimischen Ländern zu verschiedenen Epochen gegen den Schleier, das Symbol ihres gesellschaftlichen Ausschlusses, demonstriert haben. Sie forderten das Recht, als vollständige Menschen und Bürgerinnen zu leben.

So entwickelte sich in Ägypten während der nationalistischen Bewegung Ende des 19. Jahrhunderts in der hohen Gesellschaftsschicht eine feministische Bewegung. Diese Frauen duldeten es nicht mehr, zurückgezogen und streng von Eunuchen bewacht ohne Bildung im Harem zu leben.

1923 präsentierte sich diese feministische Bewegung erstmals in der Öffentlichkeit. Zwei Delegierte, Hoda Chaaraoui und Ceza Nabaraoui, hatten an einem Weltkongress der Frauen in Rom teilgenommen. Bei ihrer Rückkehr nahmen sie am Bahnhof Bab-el-Hadid in Kairo vor zahlreichen ordnungsgemäß verschleierten Frauen und einigen Männern, die zu ihrem Empfang gekommen waren, ihre Schleier ab. Manche Frauen folgten ihrem Beispiel und alle applaudierten.

Diese Geste hatte eine bemerkenswerte Nachwirkung. Auch wenn sie nur einige Dutzende Privilegierte direkt betraf, so war es doch das erste Mal, dass Frauen in einem muslimischen Land es wagten, sich in der Öffentlichkeit zu äußern - und auf welche Art!

Eine Leserin, die trotzdem optimistisch bleibt (Pariser Gegend)