Kommunalwahlen in Frankreich: Die Missbilligung wird durch den zweiten Wahldurchgang bekräftigt
Der Wahllinksruck, der sich in der zweiten Kommunalwahlrunde noch verstärkt hat, muss im Verhältnis zu einer hohen Stimmenthaltung von 38 % betrachtet werden, die höchste für Kommunalwahlen seit dem Kriege.
Bereits im ersten Wahldurchgang der Kommunalwahlen war es schwer, das Kräfteverhältnis zwischen den Parteien auf Grund des zusammengesetzten Charakters der Listen genau einzuschätzen. Aber das gilt noch mehr für die zweite Runde, sogar zwischen der Rechten und der Linken.
So begrenzt beispielsweise die Wählerschaft der MODEM auch sein mag, so hat die Spielweise dieser liberalen Partei, die sich mal den rechten Listen angeschlossen hat, mal den linken Listen, den Vergleich zwischen links und rechts nicht gerade vereinfacht. Einmal abgesehen davon, dass die liberale Wählerschaft nicht notwendigerweise den Anweisungen der Parteiführung gefolgt hat.
Massive Ablehnung Gegen die Rechte
Dennoch hat die zweite Runde die Ergebnisse des ersten Wahlgangs mehr als bestätigt. Die Rechte an der Macht wurde massenhaft abgelehnt.
Die Kantonalwahlen (Wahlen für die Departementsvertretung), die, wenn auch nur in der Hälfte der Kantone (Bezirke innerhalb eines Departements) zur selben Zeitpunkt stattgefunden haben, bezeugen eine Bewegung in dieselbe Richtung.
Und, was den Führungsstäben der Parteien noch wichtiger ist, die Stadtverwaltung einer großen Zahl von Städten kippte von rechts nach links. Selbstverständlich sprechen Premierminister Fillon und Co von einem Kräfteausgleich. Sie versuchen daran zu erinnern, dass bei den Kommunalwahlen von 2001, als die Linke an der Macht war, diese einen Verlust von Schlüsselgemeinden hinnehmen musste. Dieses Mal ist die Bewegung in die andere Richtung jedoch über die Wiederherstellung der Situation von vor 2001 hinausgegangen. Die Linke hat nicht nur die Mehrheit der damals verlorenen Bürgermeisterämter zurückgeholt, sondern sie hat auch einige erobert, die seit vielen Jahren von der Rechten geleitet worden waren (die Stadt Toulouse wurde von der Rechten 37 Jahre lang regiert und Metz praktisch schon immer).
2001 konnte die Linke in den Städten mit mehr als 15.000 Einwohnern 291 Bürgermeisterämter einnehmen, gegen 342 für die Rechte. 2008 haben sich die Proportionen mehr als umgekehrt. Von jetzt an zählt die Linke 350 Bürgermeisterämter und die Rechte 262 (15 werden von der MODEM geleitet).
Die Ablehnung betrifft nicht nur Sarkozy, der in den Umfragen fällt. Viele rechte Bürgermeister haben eine traurige Erfahrung gemacht: Diejenigen, die die Unterstützung Fillons gewählt haben, da dieser in den Umfragen ganz oben war, und die Sarkozy höflich vermieden haben, wurden dennoch abgewählt. Die Ablehnung ist an die gesamte rechte Mannschaft an der Macht und an ihre Politik adressiert.
Es ist kaum zehn Monate her, dass Sarkozy angelobt wurde, aber es war genug, damit die Volkswählerschaft seiner Politik überdrüssig wurde, seiner Geschenke für die Reichsten, seiner Maßnahmen gegen die Werktätigen, die Arbeitslosen, die Rentner, die Sozialversicherten. Die Kommunalwahlen boten den unteren Volksschichten eine Gelegenheit, ihre Abscheu auszudrücken. Sie haben sie ergriffen, indem sie ihre Stimmen für die linken Listen als ein Werkzeug benutzt haben.
Wie im ersten Wahldurchgang ist das Ergebnis die Folge einer doppelten Bewegung. Im Jahr 2001, als Jospin an der Regierung war, war die linke Wählerschaft demobilisiert - oder wählte für die extreme Linke - um ihre Missbilligung gegenüber der rechten Politik, die von der sozialistischen Regierung geführt wurde, zum Ausdruck zu bringen. Diesmal hat sich die linke Wählerschaft gegen die rechte Regierung mobilisiert.
Dazu kommt, dass ein Teil derjenigen, die letztes Jahr Sarkozy gewählt haben, enttäuscht sind und weder bei der ersten noch bei der zweiten Runde mobilisiert waren. Es ist bezeichnend, dass sogar in Städten wie Straßburg, Toulouse oder Amiens, wo die Ergebnisse der ersten Runde gezeigt haben, dass die zweite Runde knapp sein würde und wo die Teilnahme zwischen den beiden Wahlgängen zugenommen hat, die linke Wählerschaft ihre Mobilisierung verstärkt hat, die der Rechten aber praktisch nicht.
Die Sozialistische Partei (SP) ist der Hauptgewinner der Wahl
Bezüglich der beiden Wahlrunden konnte vor allem die SP vom Druck nach links profitieren. Der SP ist es außerdem gelungen, in einigen Fällen - besonders in Vororten von Paris - ihre Stellung auf Kosten der Kommunistischen Partei (KP) zu stärken.
Das Aufstellen eigener SP-Listen in den von der KP geleiteten Gemeinden war bereits die Ankündigung einer Entscheidung. In der zweiten Runde wurde diese Entscheidung bekräftigt, da sich die SP, besonders in vier Städten von Seine-Saint-Denis (La Courneuve, Saint-Denis, Bagnolet und Aubervilliers) gehalten hat, obwohl ihre Listen hinter denjenigen der KP lagen. Die Entscheidung bestand klar darin, auf den Beitrag der rechten Wählerschaft zu setzen, um das Wahlkräfteverhältnis zwischen KP und SP umzukehren.
In drei von diesen vier Städten gewann die KP die Dreieckswahl, die ihr dadurch aufgezwungen worden war, und hat ihre Bürgermeisterämter behalten. Aber in Aubervilliers ist es der SP-Liste dank eines Teils der rechten Stimmen gelungen, die KP vom Bürgermeisteramt zu verdrängen.
Ebenfalls durch die Bestellung der rechten Wählerschaft zum Schiedsrichter ihres Wettbewerbes mit der Liste des KP-nahen Brard gelang es Voynet (Grüne), diesem das Bürgermeisteramt von Montreuil abzunehmen.
Die prominenten Persönlichkeiten der Rechten, die ihre Bürgermeisterämter verloren haben, haben zu Recht an der Nachricht der Wähler zu knacken, die eigentlich hauptsächlich an die Regierung gerichtet war. Aber wenn es bei einem reinen Wahlausdruck der Unzufriedenheit bleibt, wird die Regierung ihre Politik nicht ändern. Fillon hat dies auf provozierende Weise am Abend der Stichwahl bekräftigt. Seit einigen Tagen interpretieren mehrere Führer der Rechten die an die Regierung adressierte Nachricht sogar in Richtung einer Forderung für eine schnellere Gangart bei den so genannten "Reformen"!
Werden sich die Arbeiter damit begnügen, ihre Abscheu vor der rechten Regierungspolitik in den Wahlurnen auszudrücken? Oder wird sich der Überdruss in Wut verwandeln und sich auf sozialem Boden äußern? Das wird sich noch zeigen! Die Schlappe der Regierung bei der Wahl sowie die provozierende Weise, mit der über sie hinweg gegangen wird, können der Funke sein, der die soziale Explosion verursachen wird. Die explosiven Bestandteile sind gegeben und hören nicht auf, sich Tag für Tag anzuhäufen. Die Regierung trägt mit den angekündigten Maßnahmen gegen die Pensionen und gegen die Arbeitsverträge dazu bei. Die Unternehmen tragen noch mehr dazu bei, dadurch, dass sie es ablehnen, die Gehälter der erschreckenden Erhöhung der Preise anzugleichen. Die soziale Krise ist unvermeidlich. Und vor allem ist sie notwendig.