Elfenbeinküste: Redebeitrag der UATCI (aus Lutte de Classe - Klassenkampf - von Dezember 2017)

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Redebeitrag der UATCI
Dezember 2017

Redebeitrag der UATCI (Afrikanische Vereinigung der Internationalistischen Kommunistischen Arbeiter - Elfenbeinküste) beim LO-Parteitag 2017

 

Die Meuterei der Soldaten

Das Jahr war geprägt von mehreren Meutereien von Soldaten, die höhere Bezüge und Dienstgrade forderten. In Abidjan und Bouaké wurden mehrere geheime Waffenlager gefunden und es stellte sich heraus, dass mehrere hochstehende Persönlichkeiten in diese Affäre verstrickt waren. Bouaké ist eine wichtige Stadt im Zentrum des Landes. Die Meutereien sind keine einmalige Sache, sie finden immer wieder statt. Der derzeiti-ge Präsident Ouattara ist schließlich mit Hilfe bewaffneter Männer an die Macht ge-langt. Und die erinnern ihn nun regelmäßig daran, dass sie noch existieren und bereit sind, die Waffen sprechen zu lassen, wenn ihre Wünsche nicht erfüllt werden. Es ist eine Fortsetzungsgeschichte mit vielen Wendungen, die wieder in den Vordergrund zu treten droht, je näher die nächsten Präsidentschaftswahlen rücken, die für 2020 vorge-sehen sind.

Die Unsicherheit in Abidjan und im Inneren des Landes

Seit fast drei Jahren leben die Bewohner der Arbeiter- und Armenviertel Abidjans mit der ständigen Bedrohung durch kriminelle Jugendliche, die "Mikroben" genannt wer-den. Sie greifen mit ihren Macheten ungestraft die armen Leute. Von Zeit zu Zeit, wenn bestimmte größere Events stattfinden (zum Beispiel die Spiele der Frankophonie), tut die Regierung so, als würde sie die Kriminalität bekämpfen. Sobald jedoch der Vor-hang gefallen ist, enden auch die Bemühungen im Kampf gegen die Kriminalität.

Die "Säuberungen"

Die andere Form der Gewalt, die die kleinen Leute in den Armenvierteln erdulden müssen, kommt vom Staat selbst: Dabei handelt es sich um die sogenannten "Säube-rungen", diese Aktionen, bei denen der Staat die Einwohner der ärmeren Viertel ver-treibt und ebenso alle, die versuchen, mit einem kleinen Straßenhandel auf dem Bür-gersteig zu überleben. Der Staat versucht, die kleinen Leute zu zwingen, sich in den Vororten niederzulassen, um in der Stadt Bauland für die Immobilienfirmen frei zu machen, die hiervon immer mehr benötigen. Diese Säuberungen laufen so ab: Auf ei-nen Schlag tauchen Bulldozer auf, die unter der Aufsicht von Soldaten in rasanter Ge-schwindigkeit ein ganzes Viertel platt machen. Dabei zerstören sie auch den Besitz und die Möbel der Familien, die sie nicht schnell genug heraustragen können. So erging es zum Beispiel mehr als tausend Familien, die auf dem Gelände wohnten, wo jetzt das neue Fußballstadium gebaut wird. Dazu kommt die Säuberung der Bürgersteige in der Nähe von Großveranstaltungen, wie zum Beispiel in Abidjan, als dort das Gipfeltref-fen zwischen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union staatgefunden hat.

Die Frage des Grundbesitzes, Ethnizismus und Fremdenfeindlichkeit

Auf dem Land und vor allem im Westen des Landes kommt es immer wieder zu ethni-scher oder fremdenfeindlicher Gewalt in Verbindung mit der Frage des Grundbesitzes. Wie schon häufiger in der Vergangenheit sind mit der Zeit größere Gruppen aus dem Norden und Baule aus dem Zentrum des Landes in diese Waldregion im Westen gezo-gen, weil sich der Boden hier gut für den Anbau von Kaffee und Kakao eignet. Dies ist in vielen anderen Regionen des Landes nicht der Fall. Verglichen mit der Dürre und dem Elend in anderen Regionen, gilt der Westen als Eldorado. Das Problem ist nun, dass es nur noch wenig Land gibt und dieses sowohl von den sogenannten eingebore-nen Bevölkerungsgruppen beansprucht wird als auch von denen, die später ange-kommen sind. Naturschutzgebiete, in denen die Regierung zum Schutz des Waldes je-den landwirtschaftlichen Anbau verboten hat, wurden vollkommen verschlungen. Auch hier haben sich die Menschen niedergelassen, um Ackerbau zu betreiben.

Durch all das entstehen Spannungen. Vor weniger als zwei Monaten gab es dabei in der Region von Guiglo Tote. Dörfer wurden abgebrannt. Mehrere Tausend Baule mussten wegziehen nach Auseinandersetzungen mit den Guere, die zu den Eingebore-nen dieser Gegend zählen. In einer solchen Lage ist davon auszugehen, dass Ethnizis-mus und Fremdenfeindlichkeit zunehmen werden. Ganz zu schweigen davon, dass die Politiker nicht zögern, diese Glut noch anzuheizen, um ihre persönlichen Karriereziele durchzusetzen.

Derzeit sind über tausend Soldaten in dieser Region stationiert, um sich zwischen die Kriegsparteien zu stellen.

Was uns betrifft, so lassen keine Gelegenheit aus, um das Gift des Ethnizismus und der Fremdenfeindlichkeit anzuprangern, damit es sich zumindest nicht bei den Arbei-tenden einnistet, die wir erreichen. Denn diese Art von Propaganda schwächt die Ar-beitenden und stärkt das Lager der Ausbeuter. Man muss es also ohne Zugeständnisse anprangern und bekämpfen und gegen alles angehen, dass das Lager der Arbeitenden und Armen spaltet und schwächt.

Verschlechterung der Lage der Arbeitenden

All das passiert in einem Kontext, in dem sich die Lage der Arbeitenden weiter ver-schlechtert. Diese Verschlechterung hat bereits vor über dreißig Jahren begonnen! Und 2017 war dabei keine Ausnahme. Die Lebenshaltungskosten sind so teuer, dass es schwer ist, von einem Lohn von 91 Euro im Monat (dem offiziellen Mindestlohn) zu leben.

Im modernen Privatsektor arbeiten etwas mehr als 500.000 Arbeiter. Von ihnen sind nur 100.000 offiziell angemeldet und zahlen in die Rentenkasse ein. Alle anderen sind dementsprechend Tagelöhner, die den Bossen vollständig ausgeliefert sind.

Das Druckmittel der Arbeitslosigkeit hilft ihnen dabei, was die Arbeitenden immer wieder zu spüren bekommen. Die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich.

Die Situation der Arbeiter in den Fabriken

Auch die Lage der Arbeiter in den Fabriken ist nicht besser. Da ist nicht nur körperli-che Anstrengung. Es kommt hinzu, dass die Arbeitsbedingungen immer schwieriger werden - ganz zu schweigen von dem permanenten Druck, den die Bosse ausüben, um die Produktion zu steigern.

Nehmen wir das Beispiel Darling, ein Betrieb mit rund tausend Arbeitenden im In-dustriegebiet von Yopougon, der Haarsträhnen produziert. Die Mehrheit der Arbeiter hier sind Tagelöhner und arbeiten im Stücklohn. Und jedes Mal, wenn ein neues Pro-dukt hergestellt wird, werden die Überarbeitung und der Druck der Chefs noch schlimmer.

Ebenso bei Filtisac, einem Textilbetrieb. Vor dreißig Jahren gab es unter den knapp 2.000 Arbeitenden keinen einzigen Tagelöhner. Mit der Modernisierung der Maschinen und vor allem mit der Gier nach immer mehr Profit wurde die Belegschaft bis auf den heutigen Tag um die Hälfte reduziert. Und die alten Arbeitenden wurden durch Tage-löhner ersetzt, die den Bossen noch ausgelieferter sind.

Und die Lage der Arbeitenden verschlechtert sich immer weiter. Früher oder später wird es den einen Angriff zu viel geben, den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, wie es bei den öffentlichen Angestellten bereits der Fall war.

Der Kampf der Beschäftigten im öffentlichen Dienst

Die Verschlechterungen der Lebensbedingungen und der eine Angriff zu viel seitens der Regierung haben die größte Streikbewegung im öffentlichen Dienst ausgelöst, die das Land je gesehen hat. Die Regierung wollte die Renten der öffentlich Beschäftigten auf das gleiche Niveau wie in der Privatwirtschaft senken und gleichzeitig die Beiträge erhöhen. Der Streik hat Ende 2016 begonnen. Es ging in ihm vor allem um Lohnerhö-hungen, um die Rente und um Löhne, die vor mehreren Jahren nicht gezahlt worden waren und auf deren Nachzahlung die Arbeitenden noch immer warten.

Am Ende haben die Streikenden gesiegt. Die Regierung ist auf fast alle Forderungen eingegangen, inklusive der Nachzahlung der Löhne, von der sie zuvor nichts hatte hö-ren wollen.

Die Lage im Bausektor

Die großen Staatsbaustellen wurden vor einigen Jahren eingestellt. Offensichtlich we-gen Geldproblemen des Staates. Daher überleben die meisten Bauarbeiter auf kleinen Baustellen.

Jetzt scheinen sich allerdings einige neue Großbaustellen abzuzeichnen. So soll ein Sportkomplex mit einem großen Fußballstadion gebaut werden, um dort den CAN 2021 (Fußball-Afrikameisterschaft) stattfinden zu lassen. Es arbeiten bereits fast 700 Bauarbeiter auf der Baustelle. Aber auf Dauer sollen es 1.500 sein. Und schon haben Streiks und Kämpfe begonnen...