Eurokrise: Ursachen und Folgen (aus Lutte de Classe - Klassenkampf - März 2011)

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Eurokrise: Ursachen und Folgen
März 2011

10 Jahre nach der Euro-Einführung wird von gewissen Kommentatoren seine Abschaffung offen in Erwägung gezogen. Immerhin stellt er die Währung von 330 Millionen Menschen dar, und ein Viertel der Devisenreserven aller Zentralbanken der Welt. Aber die Spekulationsangriffe auf die griechischen Staatsschulden im Frühjahr 2010, und dann jene auf die irischen Staatsschulden im Herbst 2010 enthüllten die klaffenden Schwächen der Eurozone: Die Währungsunion - in einem Teil der EU - hat niemals die ökonomische oder politische Einigung Europas bedeutet. Hinter der Fassade eines "gemeinsamen Marktes" hat jeder Staat weiterhin die Interessen seiner eigenen Bourgeoisie durch massive Subventionen für seine Bankiers und Großindustriellen verteidigt. Niemals haben die Konkurrenz und die Rivalitäten zwischen den Ländern der Eurozone aufgehört: Mit der Finanzkrise 2008 haben sie sich sogar noch verschärft.

Die Bedrohung der Euroländer durch die Spekulanten hat nicht aufgehört. Und welcher Finanzminister auch immer könnte so überheblich sein zu behaupten, sein Land könne nicht das Ziel einer der nächsten Spekulations-Attacken sein. Einerseits Propaganda, um die Sparpolitik zu rechtfertigen, und andererseits auch reale Befürchtung. Der französische Premierminister sagte im Dezember, jeden Tag sei seine erste Tat, den Abstand zwischen den Zinssätzen zu überprüfen, die die "Märkte" für französische und deutsche Schatzbriefe verlangen. Damit macht er die Hypothese einer Spekulations-Attacke gegen die französischen Staatsschulden durchaus glaubwürdig.

Seit gut einem Jahr dienen die "Rettung des Euro" und die Notwendigkeit den "Märkten" Sicherheit zu geben, allen europäischen Regierungen, welches politische Etikett sie auch immer haben, als Vorwand, um mit einer riesigen Axt, die öffentlichen Dienste zu zerschlagen. Unter dem Vorwand, die Staatsschulden zu vermindern, zwingen die Regierungen den Werktätigen drastische Sparpläne auf, obwohl sie weder für diese Schulden verantwortlich sind, noch von ihnen profitiert haben. Dies Maßnahmen ähneln sich sehr: Mehrwertsteuererhöhungen, brutale Kürzungen der Arbeitslosenunterstützung, der Familienbeihilfen und der Ausgaben für das Gesundheitswesen, massiver Stellenabbau im öffentlichen Dienst, Renten- und Lohnkürzungen der im öffentlichen Dienst Beschäftigten und sogar z.T. Senkung der Mindestlöhne aller Arbeitenden, wie in Irland.

Diese allen Werktätigen Europas unter dem Deckmantel der Verteidigung des Euro aufgezwungene Sparkurs gibt den Anhängern der Nationalstaatlichkeit, die der europäischen Einigung schon immer feindlich gegenüberstanden, erneuten Auftrieb. Sie verlangen den Austritt aus der Eurozone und die Rückkehr zum nationalen Geld. Dies ist die traditionelle Argumentation der Rechtsextremen, die schon immer die Rückkehr zum Franc oder der DM fordern, und auch gemäßigtere Rechtsnationalisten, die in Frankreich seit Mai 2010 eine landesweite Petitionskampagne gestartet haben: "Retten wir unsere Arbeitsplätze und steigen aus dem Euro aus!" Aber auch linkere Nationalisten, wie der Abgeordnete der Kommunistischen Partei (KPF) André Gérin, haben eine Kampagne gestartet: "Aus dem Euro austeigen, für ein Europa der Zusammenarbeit souveräner Staaten und Völker." Er übernimmt damit die Argumente des früheren Attac-Vorsitzenden Nikonoff, der heute mit seiner "Bewegung für politische Aufklärung des Volkes" einen Teil der "Linksfront" ausmacht, die im Wesentlichen aus KPF und "Linkspartei"( PG) besteht. Sie stützen sich auf das bei vielen Werktätigen verbreitete Empfinden, dass der Euro verantwortlich sei für die von den Arbeitern zu ertragenden Übel des Kapitalismus.

Die Aufblähung der Staatsschulden

Währungsspekulationen sind durchaus nichts Neues. Der Devisenmarkt stellt bei Weitem den größten Anteil aller Finanzmärkte dar. Es war gerade ein Hauptziel der Euro-Einführung, die besonders in den achtziger und neunziger Jahren so zahlreichen Währungsspekulationen in Europa zu beseitigen, da die Wechselkurse sich in ständiger Fluktuation befanden. Bis zur Finanzkrise 2008 war dieses Ziel im Euroraum erreicht. Doch die Begrenztheit der Einigung der Eurozone, in der jeder Einzelstaat weiterhin die Haushaltspolitik und die öffentlichen Defizite bestimmt, bildete eine Bresche für die Spekulanten, um den Euro vermittels der unterschiedlichen Staatsverschuldungen und Defizite der Mitgliedsstaaten angreifen zu können.

Diese Spekulationsangriffe sind aber vor allem ein Zeichen der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems und des Krebsgeschwürs des Finanzkapitals. Die gesamte Politik aller Regierungen und Zentralbanken seit Ausbruch der Finanzkrise im September 2008 hat darin bestanden, Banken und Finanzinstitute aus allen Rohren mit frischem Geld, Liquidität, zu tränken: Die Zinssätze, zu denen die Banken Geld bei den jeweiligen Zentralbanken leihen konnten, wurden praktisch auf null % gesenkt. Zusätzlich akzeptierten die Zentralbanken immer unsichere, sog. "faule" Kredite und Finanztitel der Banken, für teures Geld aufzukaufen. Den Finanzinstituten wurden quasi unbegrenzte Kredite gewährt (um deren Liquidität zu erhalten) und den großen Industrieunternehmen wurde mit gewaltigen Subventionen geholfen, wie z.B. mit den Schrottprämien und weiteren Reduzierung ihrer Besteuerung. Die Unternehmerbeiträge für die Sozialversicherungssysteme wurden weiter abgesenkt. Die (quasi zinslosen) Kredite für die Banken flossen in einem derartigen Ausmaß, dass der Chefökonom der großen französischen Geschäftsbank Natixis von einer "wahren Geldüberflutung" sprach!

Da die Besitzer dieser Kapitalien nicht die Absicht hatten, in die Produktion realer Güter zu investieren, die weder genügend hohe, noch ausreichend schnelle Profite abwarfen, zogen sie Finanzspekulationen vor. Die riesigen Kapitalmengen, die fieberhaft nach profitablen Anlagemöglichkeiten suchten, bemächtigten sich aller nur möglichen und vorstellbaren Bereiche: Rohstoffe, Edelmetalle, Grund- Nahrungsmittel und natürlich die Wechselkurse der verschiedenen Geldwährungen. Diese Spekulationen vertieften die Wirtschaftskrise und ließen die Ölpreise in die Höhe schießen und ebenso diejenigen von Getreide, Reis, und anderen Nahrungsmitteln, was Hungersnot für Millionen von Menschen provozierte.

Eines dieser vielen Spekulationsgebiete ist jenes, der von den Staaten aufgenommenen Staatsobligationen, mit denen sie ihre alten Schulden und die Haushaltsdefizite bezahlen. Da die Staaten offensichtlich nicht über so astronomische Geldsummen verfügen, wie diejenigen, die sie den Finanzinstituten 2008 zur Verfügung gestellt hatten, blieb ihnen - und nicht nur den europäischen Staaten - nichts anderes übrig, als diese bei den... Finanzmärkten aufzunehmen und so ihre Staatschulden zu vergrößern.

Die Staatsschulden sind eine alte Geschichte, die schon Karl Marx 1849 zu schreiben veranlassten: "In den USA wie in Europa, ist die gigantische Last der öffentlichen Verschuldung von Hand zu Hand geglitten bis sie schließlich auf den Schultern der Arbeiterklasse landet." Doch in den letzten Jahrzehnten sind diese Schulden in vorher nie dagewesenem Ausmaß gewachsen: Am 1. Februar 2011 haben die öffentlichen Schulden, des am höchsten verschuldeten Landes der Welt, die Summe von 14.000 Milliarden US Dollar erreicht. Dies entspricht etwas mehr als 90 % des US-amerikanischen Bruttoinlandsproduktes (BIP). In weniger als 2 Jahren stiegen sie um 3.000 Milliarden Dollar! Die Staatsschulden Frankreichs überschritten 2010, inklusive aller Kommunen und Sozialversicherungen (das sind die Schulden im Sinne des Maastrichter Vertrages) 1.500 Milliarden. Sie sind von 60% des BIP 2007 auf 80% des BIP 2010 gestiegen, was ganz direkt den Staatshilfen in der Bankenkrise entspricht.

Unabhängig von jeder Spekulation, stellen die täglichen Zins- und Tilgungszahlungen an die privaten Banken eine Ausblutung der öffentlichen Finanzen dar. Mit 44 Milliarden Dollar im Jahr stellen sie den größten Posten im französischen Staatshaushalt dar.

In einer großen Zahl europäischer Länder haben die Finanzkapitalisten die Auswahl zwischen Staatsschulden verschiedener Länder, alle in derselben Währung, was ihnen die Möglichkeit gibt, diese ohne Wechselkursrisiko zu erwerben, und so die Staaten unter Konkurrenzdruck zu setzen. Trotz des identischen Eurogeldes hat jeder Staat seine eigenen Schulden (zu unterschiedlichem Zinssatz) und seinen eigenen mehr oder weniger defizitären Staatshaushalt. Die Inflation ist ebenfalls von Land zu Land unterschiedlich hoch, je nach den Kreditbedingungen der nationalen privaten Banken für Einzelpersonen und Unternehmen.

Alle diese Indikatoren erlauben es der Finanzwelt mittels der privaten Notierungsagenturen den verschiedenen Staaten Noten zu geben, so wie bei einem Pferderennen die Wettenden den Rennpferden Noten geben. Entsprechend der Zahlungsfähigkeit und der finanziellen Vertrauenswürdigkeit, die sie den Anleihen suchenden Staaten geben, können die Spekulanten den Staaten ihre Bedingungen diktieren. Entsprechend dem jeweiligen Land, das Anleihen aufnehmen muss. Deutschland bekommt zum Beispiel eine zehnjährige Staatsanleihe zu einem Zinssatz unter 3%, während Portugal über 5% zahlen muss, und Griechenland oder Irland müssen über 10% Zinsen zahlen.

Und genau dadurch transformiert sich die Spekulation auf die Staatsschulden in die Eurokrise. Die Finanzkapitalisten setzen den schwächeren Staaten das Messer an die Gurgel und erzwingen so höhere Zinssätze. Sie haben den Eurokurs zum sinken gebracht, und so die Solidität und den Willen der Regierungschefs, die gemeinsame Währung zu verteidigen, einem Test unterzogen. So wie es der Direktor der französischen Finanzmarktaufsicht (AMF) im April 2010 während der Griechenland-Krise unverblümt ausdrückte. "Die Märkte sind die Richter über den Frieden des Euro. Die Führer von Euroland scheinen nicht in der Lage zu sein, politische Entscheidungen zu treffen. Die ,Märkte' haben das Empfinden, dass es keinen politischen Willen gibt: Sie versuchen zu verstehen, welches die Spielregeln sind, wie weit geht die europäische Regierungsfähigkeit, wenn es eine solche überhaupt gibt. Die Märkte haben einen größeren politischen Spürsinn als man vermutet. Sie spekulieren nicht nur einfach."

Dieser Mann ist ein hoher Beamter des französischen Staates, der den Jargon seines Milieus benutzt. Wenn er von "Märkten" spricht, so muss man übersetzen: "ein dutzend Bankdirektoren und Chefs von europäischen Großunternehmen". Den "politischen Sinn" , den er den "Märkten" verleiht, bedeutet den Druck, den sie auf die Regierungen ausüben, damit sie ihnen die Finanzoperationen absichern, indem sie in bedeutendem Ausmaß diejenigen Ausgaben, die für die Allgemeinheit, d.h. besonders die ärmeren Volksschichten, von Nutzen sind, massiv senken. So werden die die Kapitaleinkünfte direkt auf die Konten der Bourgeoisie geleitet.

Wer spekuliert gegen den Euro?

Bei den "Finanzmärkten", die in der Lage sind Staatsschulden aufzukaufen, handelt es sich um circa 20 Großbanken und einige Spekulationsfonds, die Milliardären gehören wie Warren Buffet, John Paulson oder Georges Soros. Für die französischen Staatsschulden haben 20 Banken die Berechtigung, und damit das Monopol, französische Staatsanleihen zu kaufen, was im Jahr 2010 die Summe von 236 Milliarden Euro betraf. Das heißt, dass hinter der bewusst mysteriösen Bezeichnung von "Finanzmärkten", sich einige wenige Institutionen und Individuen befinden, die fast an zehn Fingern abzuzählen und durchaus bekannt sind, da sie vom Finanz- und Wirtschaftsministerium ernannt werden.

De facto sind es mehrheitlich europäische Banken, die die Staatsanleihen der Eurozonen-Länder besitzen. Laut einer 2010 von der Geschäftsbank Natixis veröffentlichten Studie, werden 73,5% der portugiesischen Schulden von neun europäischen Ländern gehalten (Frankreich, Deutschland, Italien, Holland, Großbritannien, Schweiz, Belgien und Irland). Allein die französischen Banken, Versicherungen, und verschiedenen Finanzfonds sind im Besitz von 26% der portugiesischen Schulden (und kassieren die Zinsen). Laut der europäischen Zentralbank (EZB), sind von den 104 Milliarden Euro der Irland-Schulden 60 Milliarden im Besitz von Finanzinstitutionen der Eurozone und 15 Milliarden bei britischen Banken.

All diese Zahlen zeigen, dass die "Finanzmärkte", die die Eurozone in Lebensgefahr bringen, von den finanzschwächsten Staaten exorbitante Zinsen verlangen, um ihnen sog. Risiko-Anleihen zu gewähren, und es sind europäische Banken, und insbesondere solche der Eurozone selbst, von denen die Gefahr für den Euro ausgeht.

Es geht also durchaus nicht um "Globalisierung", oder um die angeblich dem Euro-Erfolg feindlichen US-amerikanischen Banken, noch um mysteriöse Fonds, die gegen die Staatsschulden der europäischen Länder spekulieren, sondern ganz einfach um Großbanken, und zwar besonders um französische, deutsche und auch britische!. In Frankreich sind es die Leiter, und hinter ihnen die Aktionäre der Société Générale, der BNP-Paribas, Crédit Agricole, oder Natixis, die Geschäftsbank der französischen Sparkassen.

Die von den deutschen und französischen Führungen erzwungen "Rettungspläne"

Angesichts der Angriffe auf die griechischen Staatsschulden wichen die Regierungschefs der zwei mächtigsten Euroländer, Deutschland und Frankreich, den nötigen Entscheidungen aus. Keiner wollte Geld für die griechischen Schulden ausgeben, ohne sichere Garantien, dass es wieder in die Tresore ihrer eigenen Bourgeoisie zurückkommt. Erst als diese Spekulationsangriffe anfingen, den Euro zu erschüttern, wurden sie von Panik ergriffen und entwickelten einen ernsthaften Plan zur Unterstützung der bedrohten Länder. Oder genauer gesagt, einen Bankenrettungsplan. Zuerst wurde ein vorläufiger Europäischer Fonds zur Euro-Stabilisierung geschaffen, der nicht nur Griechenland, sondern auch anderen bedrohten Euro-Staaten theoretisch eine Summe von 440 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, wofür noch 250 Milliarden vom Internationalen Währungsfond hinzukommen.

Zum gleichen Zeitpunkt - und das ist vielleicht wichtiger als dieser ganze Plan - akzeptierte die EZB zum ersten Mal, die als hoch riskant geltenden Schatzbriefe zu kaufen, die von Staaten ausgegeben worden sind und sich in den Tresoren der Banken befanden. Im Klartext bedeutet dies, dass nunmehr die EZB in ihren Tresoren jene "faulen" Wertpapiere hält, derer sich die privaten Banken entledigen wollen. Aber genau wegen der hohen Risiken fordern dieselben Banken immer höherer Zinsen für Staatsanleihen!

Mit Hilfe dieses Mechanismus sind die europäischen Banken, wenn nicht vor dem Bankrott, so zumindest im Falle der Zahlungsunfähigkeit des griechischen Staates, vor gewaltigen Verlusten gerettet worden.

Für die griechische Bevölkerung wurde das staatliche "Rettungspaket" vom selben Schlage wie die berüchtigten Pläne zur "Rettung von Arbeitsplätzen" in den Unternehmen mit Massenentlassungen! Sie sieht sich den ihr brutal von der "sozialistischen" Regierung Papandreou aufgezwungenen Sparplänen ausgesetzt.

Ende November 2010 kam Irland ins Zielfeuer der Spekulationsangriffe. Dieses Mal zögerten die europäischen Regierungschefs nicht: Sie übten sogar Druck auf die irische Regierung aus, schon vorsorglich die "Rettungspläne" zu akzeptieren. Die irische Regierung erwies sich als sehr widerwillig, da sie erst einige Monate später Kredite aufnehmen musste. Die Bereitschaft, die EU-"Rettungspläne" anzunehmen, bedeutete die Sparpläne der irischen Bevölkerung sofort aufzuzwingen, und bewirkte eine Regierungskrise...

Die Iren müssen, die Zeche bezahlen: Steuererhöhungen, neue Einwohnersteuer, Senkung des Mindestlohnes um 11%, sofortige Reduzierung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten usw. Am 7. Dezember verabschiedete das Parlament Sparmaßnahmen, von 15 Milliarden Euro innerhalb von 4 Jahren.

Mit dem irischen Beispiel gaben Merkel und Sarkozy den Spekulanten ein Signal. Sie wollten neue Attacken gegen den Euro vermeiden, indem sie den Bankiers zeigten, dass der europäische Fonds zur Währungsstabilisierung funktioniert. Dieser verfügt natürlich nicht sofort über 440 Milliarden Euro, sondern muss der Fonds dem Bedarf entsprechend als Kredite aufnehmen. Doch hinter diesen steht dann die Garantie der Euro-Mitgliedsstaaten und damit wird von den Bankiers erwartet, dass sie solche Zinsen verlangen, wie sie gegenüber Deutschland und Frankreich üblich sind.

Einerseits sind auch diese niedrigeren Zinsen nicht gerade bedeutungslos, da die Banken ihre Kredite quasi zum Nulltarif von der EZB bekommen. Bei ihren Kreditvergaben an diesen Fonds, der von als stabil angesehenen Ländern garantiert wird, gehen die Banken also keinerlei Risiko ein. Andererseits streicht der Fonds, der die Kredite weitergibt für seine Banken eine nicht unerhebliche Zinsmarge ein, wenn er den in Schwierigkeiten geratenen Staaten Geld leiht. So haben sich alle Kommentatoren wegen des Erfolges beglückwünscht, als am 25. Januar 2011 die erste Anleihe auf den Finanzmärkten erfolgte. Der Stabilitätsfonds verkaufte Staatsanleihen über 5 Milliarden Euro, für die er 3% Zinsen zahlte, und gab sie sofort an Irland weiter... für 6%!

Also ein schönes Beispiel für die europäische Solidarität!

Man versteht also, warum Portugal und Spanien sich nicht allzu sehr drängen, von dem Euro-Stabilitätsfonds "unterstützt" zu werden, solange sie noch zu günstigeren Zinsen Kredite bei den Finanzmärkten aufnehmen können. Das bedeutet natürlich nicht, dass die portugiesische oder spanische Bevölkerung "ihren" Sparplänen entkommt. Ganz im Gegenteil, das Gift ist gleichermaßen brutal, ob es unter dem Vorwand die Banken zu retten von der EU oder der nationalen Regierung aufgezwungen wird. Der spanische "Sozialist" Zapatero schafft die monatlich 426 € Arbeitslosenhilfe für die Arbeitslosen, die kein Arbeitslosengeld mehr kriegen, ab und setzt das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre hoch. Der portugiesische "Sozialist" Sokrates erhöht die Mehrwertsteuer von 21 auf 23%, senkt die Löhne und Renten um 2,5%, und auch er streicht zigtausend Stellen im öffentlichen Dienst.

Und dies alles erfolgt schon im Vorgriff, unter dem Vorwand, die öffentlichen Schulden zu reduzieren, und Sparpläne der gleichen Art werden allen Werktätigen und sozial Schwachen in allen europäischen Ländern aufgezwungen. Die Bedrohung des Euros durch die Bankiers hat allen Regierungen einen guten Vorwand geliefert, um den Arbeitern die Gürtel enger zu schnallen, aber eben nur einen Vorwand. Wenn es eine Einheit des Europas der Bourgeoisie gibt, so ist es genau diese, den Arbeitern aller Länder, diesen Sparkurs aufzuzwingen.

Merkel und Sarkozy versuchen ihre gestärkte Stellung in der Eurozone dazu auszunutzen, um allen Mitgliedsländern das aufzuzwingen, was sie einen "Pakt der Wettbewerbsfähigkeit" nennen. Unter dem Vorwand, den Abstand der Inflationsraten und der Defizite zwischen den Ländern zu vermindern, und im Endeffekt die europäische Einigung zu stärken, handelt es sich tatsächlich aber um einen "Räuber-Pakt" gegen die Arbeitenden: Abschaffung der Bindung der Lohnsteigerungen an diejenige der Preise - in den Ländern, wo diese Regel überhaupt noch gilt -, allgemeine Verlängerung der Lebensarbeitszeit, usw.

Die durch die Euro-Krise sichtbar gewordenen Schwachstellen

Die Angriffe gegen den Euro bringen einerseits die Grenzen der EU ans Tageslicht, die niemals verschwundene Rivalität und die Konkurrenz zwischen den beiden wichtigsten Staaten der Eurozone, aber anderseits auch ihren Wunsch und Willen, die gemeinsame Währung zu erhalten.

Am Ende eines mühsamen und nicht immer sauberen, jahrelangen Verhandlungsprozesses, hat ein Teil der europäischen Führer schließlich auf die nationale Währung verzichtet, und die neue Währung geschaffen, und die Übel der sich immerzu wiederholenden Währungs-Auf- und-Abwertungen, der Spekulationen mit der einen gegen die andere Währung (wenigstens in der Eurozone) überwunden. Aber vor allem auch die Behinderungen des innereuropäischen Handels beseitigt, die in den unterschiedlichen Währungen und Wechselkursen lagen. Um eine gemeinsame Währung herzustellen, musste jeder Staat sein Haushaltsdefizit kontrollieren. Wenn ein Land Schulden macht, um sein Defizit auszugleichen, so läuft das auf die Schaffung zusätzlichen Geldes und schließlich Inflation hinaus. Daher kam es nicht mehr in Frage, dass jedes einzelne Mitgliedsland nach eigenem Belieben die Notenpresse in Gang setzt, um die Haushaltsdefizite auszugleichen.

Diese erzwungene Beschränkung wurden durch die berühmten "Konvergenz-Kriterien", 1991 im Vertrag von Maastricht definiert: Jeder Staat muss das Haushaltsdefizit unter 3 % seines BIP (Bruttoinlandsprodukt) halten, die Staatsschulden dürfen 60 % des BIP nicht überschreiten, die Inflation muss beherrscht werden, über all dies soll die europäische Zentralbank (EZB) wachen.

Aber natürlich waren es die reichsten Länder, die diese Kriterien festlegten, und ebenso waren sie es, die darüber entschieden, welches der "kandidierenden" Länder, diese Bedingungen erfüllt. Es gab sehr langwierige Verhandlungen über die Liste der Länder, die diese Kriterien erfüllen, um sie in die Eurozone aufzunehmen. Deutschland hat lange gezögert Länder, die sie damals "Club-Med Länder" nannte, aufzunehmen, also Spanien, Portugal, Italien und vor allem Griechenland. Doch die deutsche und französische Bourgeoisie hatten ein gemeinsames Interesse, sich eine möglichst große einheitliche Zone für ihren Handel und ihre Industrie zu schaffen.

Ganz nebenbei konnte man den Bevölkerungen, wenn es galt Sparmaßnahmen durchzusetzen, den öffentlichen Dienst zu reduzieren, Steuern zu erhöhen etc. um die Verschuldung abzubauen, auf diese als unantastbar präsentierten Kriterien verweisen..., bis es sich plötzlich darum handelte, die "Banken zu retten", und man diese angeblich unantastbaren Regeln ohne mit der Wimper zu zucken, auf das Gröblichste verletzen konnte.

Jenseits einer gewissen, frei vereinbarten Selbstdisziplin, jedenfalls der wichtigsten Staaten, bedurfte es einer Schiedsstelle, um die gemeinsame Währung zu regulieren: die Leitzinsen festzulegen. Diese Aufgabe wurde der EZB übertragen, die in Abstimmung mit den Vertretern des großen Finanzkapitals gebildet wurde. An seiner Spitze findet sich ein Gouverneursgremium, in dem Vertreter jedes Mitgliedsstaates vertreten sind, und an deren Spitze, der EZB-Präsident, der eine gewisse Schiedsrichterfunktion hat und bei Differenzen entscheidet. Die Wahl dieses Präsidenten fiel nach langen Verhandlungen auf den ehemaligen (französischen) Kabinettschef von Edouard Balladur.

Wenn die EZB formell auch unabhängig von den Regierungen ist, so ist sie doch keine Institution, die unbeeinflusst über der Gesellschaft schwebt. Sie befindet sich unter strenger Kontrolle der Bourgeoisien Europas, und vor allem derjenigen Deutschlands und Frankreichs. Die Regierungen beiden Länder befinden sich in heftigen Verhandlungen, um die Nachfolge Trichets, dessen Mandat am Auslaufen ist. Doch ist die EZB nicht weniger als jede andere Zentralbank auch der Kontrolle des Finanzkapitals ausgesetzt.

Weder die gemeinsame Währung, noch die Existenz der EZB haben die unterschiedliche ökonomische Entwicklungen der verschiedenen Länder der Eurozone beendet, und schon gar nicht die Konkurrenz zwischen den Kapitalisten dieser Länder. Jedes Land bestimmt, seine Finanz-, Haushalts- und Steuerpolitik allein. So wurden von den spekulierenden Banken bei ihren Angriffen Unterschiede bei der Inflationsrate, dem Verschuldungsniveau, der öffentlichen Defizite und Verschuldung unter die Lupe genommen.

Es ist kein Zufall, dass Merkel und Sarkozy sich anfangs gegenseitig die Schuld zuschoben, die Griechenland fehlenden Kredite verweigert zu haben. Nur widerwillig, von den den Euro bedrohenden Bankiers an der Gurgel gepackt, entschieden sie sich, zu intervenieren. Nur das gemeinsame Interesse ihrer jeweiligen Bourgeoisie am Euro-Erhalt überwog ihre Weigerung auch nur einen einzigen Cent für Andere zu zahlen.

Nichts ist damit über die ausgeheckte Lösung gesagt, den Fonds zur Euro-Stabilisierung zu schaffen, der - fast die gleichen Wucherzinsen wie die privaten Bankiers verlangt - nämlich ob er dauerhaft die Eurokrise lösen wird. Die geheimen Verhandlungen, wie man diesem Fonds eine dauerhafte Struktur geben kann, gehen weiter. Jetzt steht die Restrukturierung der griechischen Schulden zur Diskussion, d.h. Umschuldung und Verlängerung der Rückzahlungsfristen und eine Senkung des Schulden-Zinssatzes. Den europäischen Führern kommt es darauf an, die Verluste der kreditgebenden Banken so niedrig wie möglich zu halten. Wer am aller meisten verliert, das ist die EZB, die nunmehr die griechischen Staatsanleihen für zig Milliarden (aus europäischen Steuergeldern) aufgekauft hat.

Ebenso ist damit nichts gesagt, ob die Rivalitäten und die Konkurrenz zwischen den deutschen und französischen Bourgeoisien, eine neue Eurokrise provozieren werden. Ein Problem, das regelmäßig das Milieu der Unternehmer und ihre Ökonomen umtreibt, ist das Austauschniveau zwischen US-Dollar und Euro, sowie anderen Währungen. Im großen und ganzen ist die deutsche Bourgeoisie, die Hochtechnologie mit einer hohen Produktivität vor allem innerhalb der Eurozone exportiert, an einem hohen Eurokurs interessiert, während die französische Bourgeoisie, die weniger hochentwickelte Produkte weiter über die ganze Welt verbreitet exportiert, und daher empfindlicher auf ausländische Konkurrenz reagiert, und somit einen niedrigeren Eurokurs vorzieht.

Im Augenblick sind Beide mit dem Kompromiss zufrieden und wünschen den Erhalt der Eurozone. Auf dem Davos-Gipfel im Januar haben Merkel und Sarkozy dies vor den einflussreichsten Bankiers und reichsten Kapitalisten der Welt bestätigt. Doch nichts garantiert, dass diese Einigkeit von Dauer ist, denn die Krise verschärft ja gerade die Konkurrenz zwischen den Kapitalisten.

Der Euro-Ausstieg ist eine falsche und reaktionäre Lösung

Die Nationalstaatsanhänger profitieren von den brutalen Angriffen gegen die unteren Volksschichten, die in ganz Europa unter dem Vorwand der Euro-Verteidigung stattfinden: Sie haben sich schon immer der europäischen Einigung widersetzt und haben jetzt wieder neuen Auftrieb. Halten wir uns nicht mit Nationalstaatsanhänger der Rechten und extremen Rechten auf, die schon immer und traditionell von Nationalismus und Chauvinismus leben. Aber die "Souveränisten" von links, die sich als Interessenvertreter der arbeitenden Klassen ausgeben, haben ihnen ebenfalls nichts als eine Sackgasse anzubieten. Darüber hinaus "transportieren" sie damit den gleichen Patriotismus, wie die Rechten und übernehmen oft sogar ähnliche Argumente. André Gérin zitiert den verstorbenen rechtskonservativen Séguin für einen Austritt aus der Eurozone. Der KP-nahe Attac-Gründer Nikonoff versäumt keine Gelegenheit, zu erklären, "der Euro ist die neue DM" und Deutschland zwinge der ganzen EU einen starken Euro auf. Die Angst vor einer deutschen Hegemonie in Europa wird auch von dem Ex-SP-Linker "Linkspartei"-Gründer Mélenchon geschürt, der es für "einen politischen Fehler hält, dass man akzeptiert hat, dass die Deutschen im Europaparlament mehr Abgeordnete haben als Frankreich", selbst wenn er nicht aus der Eurozone austreten will, so fordert er doch einen schwachen Euro.

Die Souveränisten, die aus dem Euro aussteigen wollen, verweisen auf Großbritannien, dessen Regierung das Pfund Sterling nicht zu Gunsten einer Gemeinschaftswährung verlassen wollte. So André Gérin: "Wenn Großbritannien zur Eurozone gehört hätte, dann hätte es nicht das Pfund abwerten können, und hätte eine weit schwerere Krise durchgemacht, als Kontinentaleuropa." Doch in welcher Hinsicht sind die britischen Arbeitenden besser vor der Krise geschützt? Die Regierung Cameron hat gerade die brutalsten Sparpläne ganz Europas verkündet. Um in 5 Jahren 92 Milliarden Euro einzusparen, werden 500.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst gestrichen und Millionen von Armen haben gerade die Sozialhilfe verloren, die sie bisher noch hatten!

Die Souveränisten wiederholen, dass die Verträge von Maastricht 1992 und Lissabon 2007 die EZB daran hindern, die Notenpresse so richtig in Gang zu setzen, indem sie wertlose Wertpapiere aufkaufen. Sie verlangen die Rückkehr zu nationalen Zentralbanken, damit jedes Land so viel Geld drucken kann wie es will: Einige gehen sogar noch weiter und kritisieren heftig ein Gesetz von 1973 - also weit vor der Euroeinführung - als Giscard Finanzminister von Pompidou war, und der französischen Zentralbank verbot, Staatsobligationen der französischen Regierung zu kaufen, um sie zu zwingen, sich für deren Verkauf an private Banken zu wenden.

Dieses Argument ist zum Teil falsch, denn seit Kurzem kauft die EZB von den Banken gehaltene Staatsanleihen auf, selbst wenn diese von Staaten ausgegeben wurden, die als wenig zuverlässig angesehen werden. Dies ist erstens eine Art, Staatsschulden in Geld zu verwandeln und zweitens eine weitere Sicherheit für die privaten Banken, angesichts des Risikos von Zahlungsunfähigkeit von zu hoch verschuldeten Staaten. Ende Januar hat die EZB für 76 Milliarden solche Staatsobligationen gekauft und scheint bereit, dies auch weiterhin zu tun.

Aber vor allem, wie soll eine Politik, die darin besteht, staatliche Defizite zu finanzieren oder Staatsschulden durch Produktion wertlosen Geldes zu tilgen, im Interesse der Arbeiter und der Bevölkerung sein? Die amerikanische Zentralbank (FED), hat gerade wieder für 600 Milliarden US-Dollar Staatsanleihen der amerikanischen Regierung aufgekauft. Diese Milliarden sind eine erneute Spritze für das Weltfinanzsystem und sollen das Fass ohne des Anlage suchenden Kapitals füllen und vor allem die Spekulation anzuheizen. Sie tragen dazu bei, die Nahrungsmittel- und Ölpreise explodieren zu lassen. Wenn sie nicht jetzt schon die Inflation in den USA anheizen, so liegt das vor allem daran, dass der Dollar als internationales Zahlungsmittel dient. Diese zusätzliche Dollarspritze verteilt sich wieder über die ganze Welt. Die niedrige Inflation liegt auch an der Krise, mit der Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhnen..., sodass die Preise für Industriegüter niedrig bleiben: Die Nachfrage ist gering und die Marktaktivitäten verlangsamt: Alles dies sind Faktoren der Deflation. Dennoch haben all diese Dollarspritzen den amerikanischen Familien nicht erlaubt, Kredite zu niedrigen Zinsen zu erlangen, um ihr Haus bezahlen zu können, und sie geben den Millionen Arbeitslosen keine Arbeit.

Im Übrigen hätte diese Politik der ungezügelten Geldschaffung auf die viel kleineren Länder Europas angewandt, die nicht über die wirtschaftliche Hegemonie in der Welt verfügen, wie die USA, sondern gerade nach Verlassen des Euro ihre nationale Währung schaffen, einen sehr starken Inflationseffekt. Auch wenn es den linken Souveränisten nicht gefällt, so betrug in der Epoche des französischen Franc zwischen 1974 und 1983, die Inflation in Frankreich mehr als 10 %. Es waren die Arbeiter, denen die Preise vor den Löhnen davonliefen, und die so mit dem Verlust ihrer Kaufkraft, den Preis für die Inflation bezahlten.

Mit Ausnahme Deutschlands vielleicht, würde die Rückkehr zur alten nationalen Währung zu einer schnellen Geldabwertung führen. Das ist es auch, was die Nationalstaatsanhänger fordern. Sie verlangen, dass die nationalen Regierungen, wieder die Möglichkeit zu "wettbewerbsfördernden Abwertungen" erhalten. Auch ein Teil der französischen Bourgeoisie, im Gegensatz zu einem anderen Teil, fordert einen schwachen Euro, um so zu niedrigeren Kosten exportieren zu können als ihre Nachbarn. Aber noch nie nützte es den Arbeitenden, die Interessen eines Teils der Bourgeoisie gegen diejenigen eines anderen Teils der Bourgeoisie zu unterstützen. Die Inflation würde die Importkosten verteuern, besonders die Rohstoffpreise, wie etwa Öl. Sie bewirkt eine Steigerung vieler Konsumgüterpreise. Und auch da sind es die unteren Volksschichten, die den Löwenanteil zahlen.

Die Souveränisten stellen die Abwertung als eine Quelle von Arbeitsplätzen dar, weil angeblich die Exporte erleichtert werden. Aber all die seit Jahren auf Kosten der Arbeitenden erreichten Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit, haben niemals die Massenarbeitslosigkeit beseitigt, auch wenn Exporte erleichtert wurden. In Deutschland, wo von allen Ländern der Eurozone am meisten exportiert wird, gibt es weit mehr als 3 Millionen Arbeitslose.

Im Laufe der achtziger und neunziger Jahre gab es in ganz Europa viele Abwertungen. Die Wechselkurse waren in ständiger Fluktuation. Wenn die Staaten also auch einseitig abwerten konnten wie sie wollten, um die Exporte zu erleichtern, so klagten doch große Teile der Bourgeoisie, dass eben diese ständigen Wechselkursschwankungen die Exporte erschwerten, und... die Beschäftigungslage ebenfalls. Diese finanzielle Instabilität war eine wahre Goldgrube für die Wechselkursspekulation, die in der damaligen Phase der Wirtschaftskrise wütete. Bei mehreren Gelegenheiten konnten die Spekulanten Währungen angreifen, wie der Milliardär Georges Soros, der 1992 die britische Regierung dazu zwang, ihre gesamten Devisenreserven zu verpulvern, und am Ende dennoch das Pfund Sterling abwerten und aus dem europäischen Währungsverbund austeigen musste. Man kann sich gut vorstellen, wie die Schleusen für die Spekulation heute - 20 Jahre später - geöffnet werden, wo die anlagesuchenden Kapitalien in so erheblicher Masse zugenommen haben.

Letztlich wählen die Souveränisten und alle möglichen Globalisierungskritiker zwischen zwei tödlichen Krankheiten des Kapitalismus: Wenn sie zu Recht die Diktatur des Finanzkapitals über die ganze Wirtschaft anklagen, verteidigen sie andererseits das Recht jedes Staates, so viel Geld zu emittieren wie er will, was der Spekulation die Tore von einer anderen Seite her öffnet. Sie machen sich zum Vorkämpfer für die Rückkehr zu nationalen Währungen und Vorrechten der bürgerlichen Nationalstaaten, die noch niemals die Arbeiter geschützt haben. Unabhängig davon, dass ein solches Programm reaktionär ist, ist es auch utopisch und trügerisch zugleich.

Es ist natürlich kein Grund, im Namen der Verteidigung des Euro, die von den europäischen Regierungen geforderten Opfer zu akzeptieren. Doch weder in Franc noch in Euro, kann überhaupt keine Politik der bürgerlichen Politiker, die ja die Interessen der Bourgeoisie verteidigen, für die Werktätigen günstig sein. Die von den Souveränisten vorgeschlagene, und von jeder nationalen Bourgeoisie ausgeführte Politik, fordert ebenso viele, wenn nicht sogar noch mehr Opfer.

Franc gegen Euro, höhere Staatsschulden oder Inflation, die Spekulation gegen einzelne Währungen oder Wechselkurse... können nie im Interesse der Arbeiter sein. Eine Klassenpolitik der Arbeiter würde darin bestehen, als Perspektive die Kontrolle über den gesamten Arbeitsablauf der Betriebe und Banken zu propagieren. Klar die entschädigungslose Enteignung der Banken und ihre Zentralisierung auf europäischer und schließlich auf Weltebene zu verfechten, um so aus ihnen Instrumente zur Regulierung der Wirtschaft im Interesse der Gesellschaft zu machen. Durch Enteignung der Banken und Annullierung der Schulden, würden die Arbeiter, so wie es die russischen Arbeiterräte es mit den Schulden der Zaren taten, es auch mit jenen der Bourgeoisie tun, was bis heute noch einige Erben der zaristischen Staatanleihen empört.

Die Nationalistische Abschottung ist eine Sackgasse, die eines Tages durchaus blutig sein kann. Es geht nicht nur darum, die Währungen Europas zu vereinigen, sondern um den gesamten Kontinent, von der Diktatur des Kapitals zu befreien, und die Perspektive der vereinigten sozialistischen Staaten Europas aufzuzeigen.

12. Februar 2011