Die Mehrheit der zahlreichen Sendungen zum 20. Jahrestag des Mauerfalls haben der Sowjetunion und den westlichen Alliierten bei der Teilung Deutschlands nach dem zweiten Weltkriege eine Rolle zugewiesen, die nur sehr entfernt etwas mit der Realität zu tun hat, indem sie die Hauptverantwortung dabei der UdSSR zuschieben.
Der amerikanische Imperialismus, der nach dem Kriegseintritt im Dezember 1941 die dominierende Macht im Westen war, hatte zwei wesentliche Sorgen, was das Ende des Konfliktes betraf: zu verhindern, dass sein Rivale Deutschland wieder eine ökonomische Macht ersten Ranges wird und dass die militärische Niederlage seines Rivalen nicht in eine revolutionäre Erhebung des Proletariats mündet, wie es 1918 der Fall war.
Der Morgenthau-Plan und die "Kollektivschuld" des deutschen Volkes
Als die ersten militärischen Erfolge der Alliierten einen zukünftigen Sieg erahnen ließen, begann die amerikanische Regierung darüber nachzudenken, was nach dem Sieg mit Deutschland geschehen sollte. Der Staatsekretär für Finanzen, Morgenthau, erarbeitete einen Plan, nach dem er die Teilung Deutschlands - im Übrigen ohne Schlesien, Ostpreußen und dem Saargebiet - in drei verschiedene Staaten vorsah: die nördlichen Rheingebiete (mit dem Ruhrgebiet als internationale Zone unter der Autorität der britischen Armee) und zwei "unabhängige" Staaten, einen im Nordosten und den anderen im Süden. Dieser Plan beinhaltete auch Zwangsarbeit als Wiedergutmachungsmaßnahme und die Demontage von allen Industrie- und Kohleabbauanlagen. Morgenthau sah die Umwandlung Deutschlands in ein reines Agrarland vor.
Roosevelt stimmt zu: "Jeder einzelne Deutsche soll merken, dass Deutschland diesmal ein besiegtes Volk ist. Ich will nicht, dass die Deutschen verhungern. Haben sie selbst nicht genug zu essen, dann sollen sie dreimal täglich aus den amerikanischen Feldküchen Suppe bekommen. Die Tatsache, dass sie ein besiegtes Volk sind - und zwar alle zusammen und jeder einzelne muss ihnen so eingebläut werden, dass sie vor jedem neuen Krieg zurückschrecken."(Zitiert durch den Historiker André Kaspi in "La Deuxième Guerre Mondiale - Chronologie commentée", Der Zweite Weltkrieg - eine kommentierte Chronologie).
Während der Konferenz in Quebec im September 1944, die Roosevelt und Churchill zusammen brachte, wurden diese Vorschläge angenommen, wobei die Briten einige Vorbehalte äußerten, da sie sich fragten, wie sie unter diesen Bedingungen Reparationsleistungen von Deutschland erlangen könnten.
Eine Direktive an General Eisenhower, dem Chefkommandanten in Europa, bestätigte, auf etwas weniger brutale Weise die Intention des Morgenthau-Plans: "Es muss den Deutschen klargemacht werden, dass Deutschlands rücksichtslose Kriegsführung und der fanatische Widerstand der Nazis die deutsche Wirtschaft zerstört und Chaos und Leiden unvermeidlich gemacht haben, und dass sie nicht der Verantwortung für das entgehen können, was sie selbst auf sich geladen haben. Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegte Feindnation...Es muss entwaffnet, entnazifiziert und dezentralisiert werden... Die Verbrüderung mit deutschen Beamten und der Bevölkerung werden Sie streng unterbinden... Die wichtigsten Industrien sollen kontrolliert oder abgebaut werden." (Direktive JCS 1037 der amerikanischen Stabschefs an den Oberbefehlshaber der US-Besatzungstruppen in Deutschland).
Um diese Politik zu rechtfertigen, haben die amerikanischen Führungskräfte den infamen Begriff der "Kollektivschuld" wieder aufgebracht, den die Nationalsozialisten gegen die unterworfenen Bevölkerungen (besonders im Osten) und gegen die jüdischen Gemeinden verwendeten. So steckten die sogenannten Demokraten, die 1933 zugesehen hatten, wie "Mister Hitler" die deutsche Arbeiterklasse und ihre Organisationen zerschlagen hatte, alle Deutschen in einen Sack: die nationalsozialistischen Führer, die Deutschen, die sich für deren Demagogie missbrauchen ließen, die, die mit verhaltener Wut die Nazizeit abgewartet haben und die, die in den Konzentrationslagern schmachteten. Kurz gesagt: die Schlächter und ihre Opfer!
Die vom Morgenthau-Plan inspirierten amerikanisch-britischen Projekte machten keinen Hehl aus der Rolle, die die Sowjetunion im besiegten Deutschland spielen könnte. In der Konferenz von Teheran Ende des Jahres 1943 hatte die Sowjetunion nur territoriale Zusicherungen bekommen. Jedoch machte die Entwicklung der militärischen Lage die Sowjetunion zu einem Verbündeten, der eine entscheidende Rolle bei der Besetzung Deutschlands spielen sollte.
Denn nachdem die Wehrmacht in vier Monaten aus den meisten französischen Gebieten zurückgedrängt wurde, setzte sie den westlichen Alliierten einen energischen Widerstand entgegen, als sich die Frontlinie der deutschen Grenze näherte. Die von Montgomery Mitte September 1944 begonnene Offensive, welche vorsah, die verschiedenen Flüsse der Niederlande zu überqueren, um in diesem Zuge das Industrieherz Deutschlands im Ruhrgebiet zu erreichen, wurde eine Niederlage. Zwei Monate später übernahm die deutsche Armee die Offensive in den Ardennen und erst Ende Januar 1945 konnte die amerikanische Armee das verlorene Territorium zurückgewinnen.
Zu dieser Zeit, ab Mitte Januar 1945, begann die Winteroffensive der Sowjetarmee, die von ihren Positionen entlang der Weichsel in wenigen Monaten bis zur Oder vordrang, also weniger als 100 Kilometer von Berlin entfernt.
Als am 4. Februar 1945 die Konferenz von Jalta mit Roosevelt, Churchill und Stalin begann, war es mehr als wahrscheinlich, dass die Sowjetarmee vor den westlichen Alliierten in Berlin eintraf.
Roosevelt, Churchill und Stalin - Alliierte gegen die soziale Revolution
Diese Situation hatte nicht nur Nachteile für die Führung der amerikanischen und britischen Imperialisten. Sie teilten mit Stalin eine gemeinsame Sorge: eine soziale Explosion nach dem Krieg zu verhindern, wie sie Europa am Endes des Ersten Weltkrieges erlebt hatte. Stalin wollte ebenso wenig eine derartige Explosion, die die Macht der sowjetischen Bürokratie erschüttern konnte, wie Roosevelt und Churchill als Verteidiger des kapitalistischen Systems. Und Stalin, der sich auf die ihm untergebenen sogenannten kommunistischen Parteien stützen konnte, war der bessere Gendarm zur Verhinderung einer Revolution.
Nur die notorischen Gegner der Sowjetunion, die antikommunistischen Politiker oder Historiker, beharren darauf, dass Stalin den "Kommunismus" in den von der Sowjetarmee besetzten Gebieten einführen wollte. Die Entscheidung, im Mai 1943 die Kommunistische Internationale aufzulösen, die sowieso schon lange vorher jegliche revolutionäre Perspektive aufgegeben hatte, symbolisiert den Bruch mit dem Kommunismus. Und die ganze weitere Geschichte der UdSSR bis zu ihrer Auflösung beweist das ebenso.
All die unzähligen Historiker, die im Nachhinein erklären, dass es aufgrund der Naivität oder der Krankheit von Roosevelt dazu kam, dass die Sowjetunion einen Platz bei der Teilung von Deutschland bekam, beweisen damit nur, dass sie nichts von Politik verstehen. Weniger als 30 Jahre nach der russischen und der deutschen Revolution befürchteten alle kriegführenden Länder nichts so sehr wie eine neue revolutionäre Welle.
Das ist eine Sorge, die selbst Hitler mit Stalin geteilt hatte und die den besonders harten Charakter des Krieges an der Ostfront erklärt. Noch bevor die Nazis ihre Truppen im Mai 1941 gegen die UdSSR marschieren ließen, beschlossen sie den "Kommissarbefehl", der der Wehrmacht gebot, auf der Stelle alle gefangenen Kader und politischen Kommissare zu liquidieren. Außerdem ordnete sie die Vernichtung aller Industriestandorte in den eroberten Gebieten an, und erteilte wortwörtlich ein "förmliches Verbot zu versuchen, die Bevölkerung vor Hungertod zu bewahren." Die stalinistische Politik entfachte ihrerseits einen antideutschen Chauvinismus, außer Acht lassend, dass Marx und Engels Deutsche waren. Dies ging sogar soweit, dass es Aufrufe zu Rache und Vergewaltigung gab, sobald die Sowjetarmee das deutsche Territorium erreichen würde.
Diese Angst vor einer proletarischen Revolution war in den verschiedenen Entscheidungen der alliieren Regierungen sichtbar. Die Erklärung von 1943, dass sie keinen anderen Kriegsausgang als die vollständige und bedingungslose Kapitulation Deutschlands akzeptieren würden, war weniger gegen die Nazis gerichtet, als zu verhindern, dass sich die Alliierten in einer ähnlichen Situation wiederfinden würden wie im November 1918, als sich die deutsche Revolution in einem Land entwickelte, das ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hatte. Das war Wasser auf die Mühlen der Nazis, die behaupten konnten, dass das Kriegsziel der Alliierten die Demontage Deutschlands sei und es keine andere Lösung gäbe als den Kampf bis zum Endsieg.
Genauso waren die "strategischen Luftangriffe" auf Deutschland nicht nur darauf ausgerichtet, die deutsche Ökonomie lahm zu legen und die Bevölkerung zu terrorisieren (was diese auch wieder auf die Seite der Nazis brachte), sondern auch und das besonders in den letzten Kriegsmonaten, die Bevölkerung in den Städten auseinander zu treiben und zu entwurzeln. Man kann sagen, dass keine bedeutende deutsche Stadt von den Bombardements ausgenommen war. In Hamburg lagen am Ende des Krieges mehr als die Hälfte (63%) der Häuser in Trümmern. Dresden, welches kein strategisches Interesse verkörperte, ist vielleicht eines der bekanntesten Beispiele für die Zerstörungen durch amerikanische und britische Bomber im Februar 1945. Zehntausende Personen, zumeist in der Zivilbevölkerung sind dabei umgekommen.
Mehr als auf das Zuteilen von langfristigen Einflusszonen zielte die Konferenz von Jalta darauf, die Ordnungshüter für die jeweiligen Zonen festzulegen, selbst wenn die Grenzen im Nachhinein 45 Jahre lang bestanden.
Es ist gleichermaßen viel darüber spekuliert worden, warum Eisenhower nicht versuchte, vor der Sowjetarmee in Berlin einzumarschieren. Das war in Wirklichkeit nicht so einfach. Die britisch-amerikanischen Armeen hatten es erst im März 1945 geschafft, den Rhein zu überqueren. Im Ruhrgebiet setzten sich die Kämpfe noch bis Mitte April fort. Und die Einnahme Berlins durch erbitterte Kämpfe zwischen den Ruinen erwies sich als verlustreich. Die Sowjetarmee hat faktisch diesen hohen Preis bezahlt.
Natürlich gab es einige Generäle, wie z. B. Patton, deren Köpfe auf dem militärischen Gebiet vielleicht ganz gut funktionierten aber weit weniger gut in der Politik, die davon träumten, Berlin zu stürmen und die Sowjetarmee sofort anzugreifen. Aber dazu hätte man die GIs erst einmal überzeugen müssen, ihre Waffen gegen ihre gestrigen Verbündeten zu richten, was nicht so einfach gewesen wäre. Aber vor allem wäre man damit das Risiko eingegangen, eben diese soziale Explosion auszulösen, die alle Politiker befürchteten.
Außerdem befand sich Berlin mitten in der von der Konferenz in Jalta beschlossenen Besatzungszone. Berlin sollte von allen Alliierten gleichermaßen verwaltet werden. Als Hauptstadt kamen auch noch andere Städte in Frage. Der Status von Wien war ebenbürtig. Allerdings war Wien seit dem 13. April von der sowjetischen Armee besetzt. Die westlichen Alliierten erreichten österreichisches Gebiet erst zwei Wochen später. Von beiden Seiten wurden die Verträge von Jalta umgesetzt, wonach die beiden Hauptstädte gleichermaßen von der UdSSR und den westlichen Alliierten besetzt wurden.
Nach der Kapitulation verlor Deutschlands ein Viertel (24 %) seines Territoriums. Ostpreußen wurde zwischen der UdSSR und Polen aufgeteilt, Schlesien und die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Grenze gingen an Polen, welches seinerseits Gebiete im Osten an die UdSSR abtreten musste. Am 27. April wurde Österreich für unabhängig erklärt, mit dem Sozialdemokraten Karl Renner als Kanzler. Diese Funktion hatte dieser schon 1918-1920 inne. Die Ironie der Geschichte will es, dass er damals den Anschluss an die deutsche Republik forderte, jedoch am französischen Veto scheiterte.
Das Drama der "displaced persons"
Eines der großen Dramen der direkten Nachkriegszeit ist das der Überlebenden der KZs. Die westlichen Führungsmächte und die stalinistische Bürokratie nehmen sich dabei nichts an Unmenschlichkeit.
Die Juden, die die KZs überlebt hatten, blieben umso länger in den "DP-Camps" (Lagern für so genannte "displaced persons"), als sich kein Land anbot, sie aufzunehmen, und der Antisemitismus in der amerikanischen Armee weit verbreitet war. Earl Harrison, Trumans Sonderberichterstatter in Deutschland, beschreibt die Situation der jüdischen DPs in seinem Bericht im August 1945 so: ... sie waren mehr im militärischen Sinn befreit, als in Wirklichkeit. Wie die Dinge jetzt stehen, erscheint es, als ob wir die Juden so behandeln wie es die Nazis taten, wenn man davon absieht, dass wir sie nicht vernichten."
Obwohl die deutschen Juden während der Nazizeit verfolgt wurden, waren sie Deutsche, also als ehemalige Feinde betrachtet.
Der berühmte General Patton bietet ein Beispiel des Antisemitismusgrades dar, das im amerikanischen Oberkommando zu finden war. In seinem Tagebuch rechtfertigte er die Einweisung der jüdischen DPs in Lager, die oft umgewandelte KZs waren: "Wenn die Juden nicht unter bewaffneter Bewachung gehalten wären, würden sie fliehen und sich wie die Heuschrecken übers Land verteilen. Dann müsste man sie wieder aufspüren und einige von ihnen erschießen, weil sie ,unschuldige' Deutsche ausgeraubt und ermordet hätten... Es bleibt viel zu tun, in erster Linie weil der typische Vertreter der jüdischen DPs eine Art Untermensch ist, ohne jegliche kulturelle und soziale Bildung unserer Zeit. Ich habe nie eine Gruppe Menschen gesehen, die weniger Intelligenz und Charakter besitzt." (Das Tagebuch von Patton wurde 1974 von der Houghton Mifflin Company unter dem Titel "The Patton Papers" veröffentlicht).
Aufgrund seines Verhaltens wurde Patton zwar seines Amtes enthoben und die Situation der DPs verbesserte sich nach der Inspektionsreise von Harrison. Aber diejenigen, die in ein anderes Land emigrieren wollten, stoßen sich lange an der mangelnden Asylbereitschaft der meisten Länder, die sie hätten aufnehmen können. Außerdem kam es 1946 zu einer Auswanderungswelle von Zehntausenden polnischen Juden nach Deutschland, nach dem Pogrom von Kielce. Dabei wurden 42 Personen getötet, als das Verschwinden eines Kindes auf einen jüdischen Ritualmord zurückgeführt wurde.
Zu den "displaced persons" gehören auch die 14 Millionen Deutschen, die aufgrund der Grenzverschiebungen aus Ost- und Zentraleuropa vertrieben wurden. Auf der Potsdamer Konferenz "haben die drei Regierungen (die USA, Großbritannien und die UdSSR) die Frage unter allen Gesichtspunkten beraten und erkennen an, dass die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muss."
Ungefähr 9,5 Millionen der vertriebenen Deutschen kamen aus Pommern, Schlesien und Ostpreußen, Territorien, die von Polen und der UdSSR annektiert wurden und circa 3,5 Millionen aus der Tschechoslowakei, zumeist aus dem Sudetenland. Unter ihnen waren sicher einige von den Nationalsozialisten in den östlichen Regionen angesiedelt worden, die meisten von ihnen lebten schon seit Generationen in diesen Gebieten, die selbst im Versailler Vertrag als deutsche Gebiete charakterisiert waren. Auch wenn diese Vertriebenen Gebiete verlassen mussten, die von der UdSSR verwaltet wurden, so geschah das auf jeden Fall unter vollem Einverständnis der westlichen Alliierten, entsprechend der Verträge von Jalta und Potsdam.
Das Ganze geschah unter unmenschlichen Bedingungen: Beim Aufbruch hatten die Menschen in der Regel ein paar Stunden, um Gepäck zwischen 10 und 30 Kilogramm zusammen zu suchen, die übrigen Hinterlassenschaften wurden einfach konfisziert. So fing für ein paar Millionen, zumeist Alte, Frauen und Kinder, ein langes Herumirren in eisiger Kälte, oft mit unbekanntem Ziel an.
Folgt man den Schätzungen, haben zwischen 1,4 und 2,1 Millionen Menschen diesen Exodus nicht überlebt.
Die Gelüste des französischen Imperialismus
Die französische Armee hatte im Kampf, der zum Zusammenbruch Deutschlands führte, nur eine bescheidene Rolle gespielt. De Gaulle war weder zur Konferenz von Jalta noch zur Potsdamer Konferenz eingeladen, die nach der Kapitulation im Juli 1945 stattfand. Trotzdem bekam Frankreich eine Besatzungszone in Deutschland und Österreich, und wurde an der Vierteilung Berlins und Wiens beteiligt. Die Annexionswünsche Frankreichs waren damit noch nicht befriedigt.
Ab Herbst 1944 formulierte die französische Regierung öffentlich ihre Forderungen gegenüber Deutschland, dessen Niederlage nur noch eine Frage der Zeit war: Die Aufteilung Deutschlands und der Anschluss des Saarlandes und der linksrheinischen Gebiete.
Was das Saarland betrifft, wurde Frankreich von den Alliierten weitgehend zufrieden gestellt, indem es unter französisches Protektorat kam. Für die linksrheinischen Gebiete gab es dieses Zugeständnis nicht. Während einer Reise nach Moskau im Dezember 1944 versuchte De Gaulle umsonst, Stalin dazu zu bewegen, ihn in diese Forderung zu unterstützen.
Die französische Politik im Saarland zielte ganz offensichtlich darauf ab, alle Verbindungen dieser Region mit Deutschland abzukappen. Ab 1947 führte Frankreich die saarländische Mark ein, eine andere Währung als im restlichen Deutschland. Einige Monate später wurde die Saar-Mark durch den Saar-Franken ersetzt. 1947 erhielt das Saarprotektorat eine eigene Verfassung, in der erklärt wurde, dass das Saar-Gebiet "sein Gemeinschaftsleben kulturell, politisch, wirtschaftlich und sozial neu gestaltet,... dass sein Bestand und seine Entwicklung durch die organische Einordnung des Saarlandes in den Wirtschaftsbereich der französischen Republik gesichert werden kann". Das bedeutet de facto, dass ein unabhängiger Staat unter französischem Protektorat vom saarländischen Landtag angenommen wurde. Der saarländische Landtag ist aus den Wahlen hervorgegangen, bei denen alle Parteien zugelassenen wurden... bis auf die, die für den Anschluss an Deutschland waren!
Diese Situation wird noch über Jahre fortdauern. Neben der deutschen Nationalmannschaft nahm sogar eine saarländische Delegation an den Olympischen Spielen von 1952 teil. Aber die Bundesrepublik Deutschland, in der Zwischenzeit gegründet und ein wichtiges Mitglied der NATO, forderte den Anschluss des Saargebietes an Deutschland. Ein Projekt, das Saargebiet unter europäischen statt französischen Status zu stellen, wäre das geringere Übel für Frankreich, wurde aber bei einem Referendum am 23.10.1955 von 67 % der Saarländer abgelehnt. Frankreich hatte keine andere Möglichkeit mehr, als den Anschluss des Saarlandes an die BRD zu akzeptieren, was am 1. Januar 1957 geschah.
Die Anfänge des Kalten Krieges und seine Folgen
Im März 1946 hielt Churchill in Fulton (USA) eine Rede, die berühmt wurde, weil er darin vom "Eisernen Vorhang" sprach, der sich durch Europa ziehen würde. Diese Rede brachte die Differenzen zu Tage, die zwischen den Alliierten seit der Kapitulation Deutschlands hervortraten. Weder die Abkommen von Jalta noch von Potsdam waren dafür gemacht, die Teilung Europas in zwei Einflussgebiete auf Jahrzehnte zu organisieren (selbst wenn sie in Wirklichkeit diese Rolle für fast 45 Jahre spielen sollten). Für die imperialistischen Mächte und für die UdSSR handelte es sich darum, die unmittelbaren Probleme in den Griff zu bekommen und sich gegen das Risiko einer sozialen Explosion abzusichern. Aber als dieses Risiko abgewendet war, gab es für die imperialistischen Mächte keinen Grund auf allen Einfluss in den von der Sowjetarmee besetzten Gebieten zu verzichten.
Derselbe Churchill berichtet in seinen Memoiren, mit welchem Zynismus er und Stalin sich im Oktober 1944 über eine Teilung der Balkanländer geeinigt hatten, die die jeweiligen Interessen der Westmächte und der UdSSR prozentual beschrieb. Allerdings konnte ein solcher Vertrag nichts regeln. Die Westmächte hätten niemals auf jeglichen Einfluss in Osteuropa verzichtet und die UdSSR wollte eine schützende Pufferzone bei Aufrechterhaltung der eigenen Grenzen weit entfernt von Westeuropa.
Die Differenzen zwischen den ehemaligen Verbündeten traten zuerst auf wirtschaftlichem Gebiet hervor. Die UdSSR musste aus den östlichen besetzten Gebieten landwirtschaftliche Produkte in den Westen exportieren, dafür bekam sie Maschinen aus dem Ruhrgebiet. Die Grenzen und die Zollbestimmungen zwischen den vier Zonen vergrößerten die Probleme, ohne dass es möglich wäre, festzustellen, ob es sich dabei um reale Probleme handelt oder um vorgeschobene, die das Kräfteverhältnis zwischen den Westmächten und der UdSSR ausloten sollten.
Wie auch immer, am 1. Januar 1947 fusionierten die USA und Großbritannien ihre Einflussgebiete wirtschaftlich zur "Bizone". Im April 1948 wurden die Bizone und die französische Zone Mitglieder der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECC), die die Aufgabe hatte, die durch den Marshall-Plan vorgesehenen Kredite zu verteilen. Der Plan, der Europa einen massiven Zustrom von amerikanischem Kapital brachte, wurde von der UdSSR als ein Manöver gesehen, das die von ihr besetzten osteuropäischen Länder in die amerikanische Einflusszone locken sollte.
In diesem neuen politischen Kontext geriet der Morgenthau-Plan natürlich in Vergessenheit. Es handelte sich nicht mehr darum, aus den verschiedenen Resten Deutschlands mehrere Staaten mit landwirtschaftlicher Bedeutung zu gründen, sondern aus Westdeutschland einen Verbündeten gegen die UdSSR zu machen.
Im Juni 1948 wurde die französische Besatzungszone mit der Bizone zusammengeführt, so dass die Trizone entstand. Eine Konferenz in London, an der die USA, Großbritannien, Frankreich und die Benelux-Staaten teilnahmen, sprach sich für die Schaffung eines deutschen Staates auf dem Gebiet der Trizone aus. Drei Wochen später unterbrach die Sowjetunion für fast ein Jahr den freien Zugang auf den Versorgungswegen nach Westberlin. Sowohl die Autobahnen als auch die Eisenbahnlinien, die Westberlin von der Trizone aus versorgten, wurden abgeriegelt. Die amerikanische Regierung vermied die Möglichkeit, die Blockade mit Gewalt zu zerschlagen, angesichts des Risikos, welches eine Ausweitung des Konflikts mit sich gebracht hätte. Sie beschloss, die Versorgung Westberlins über eine Luftbrücke sicherzustellen, die die UdSSR wiederum nicht verhinderte. Diese Lösung war nur durch die enorme Überlegenheit der amerikanischen Luftflotte möglich, die den Hauptteil der Flüge absicherte. Über 324 Tage gingen im Schnitt mehr als 850 Flügen pro Tag hin und her und transportierten mehr als zwei Millionen Tonnen an Kohle, Benzin, Nahrung usw.
Letztendlich hob die UdSSR am 12. Mai 1949 die Blockade auf. Das war umso mehr eine Niederlage, als die USA jetzt für Millionen Deutsche nicht mehr als Besatzer dar standen, sondern als Beschützer.
Einige Wochen später wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet.
Die UdSSR, die keinen großen Wert auf ein geteiltes Deutschland legte und die ein vereinigtes und neutrales Deutschland akzeptiert hätte (diese Lösung wurde 1955 für Österreich angewandt), schob die Entscheidung zu einer entsprechenden Maßnahme einige Monate heraus. Aber letztendlich wurde im Oktober 1949 die sowjetische Besatzungszone auch zu einem "souveränen" Staat: Die Deutsche Demokratische Republik wurde gegründet.
Von der Hallstein-Doktrin zur "Ostpolitik"
Die BRD erklärte sich sofort zum alleinigen gesetzlichen Vertreter Deutschlands. Nach der Bildung der Adenauer-Regierung formulierte der Staatsekretär für auswärtige Angelegenheiten, Walter Hallstein, die Doktrin, die seinen Namen trägt und die beinhaltete, dass die BRD mit allen Staaten (außer der UdSSR), die die DDR anerkennen, die diplomatischen Beziehungen abbricht. Diese Regel kam im Falle von Jugoslawien 1957 und Kuba 1963 zur Anwendung. Im Gegenzug verhinderte die UdSSR die diplomatischen Beziehungen der anderen "Volksdemokratien" mit der BRD.
Diese Politik der rechten CDU-CSU-Regierung bis 1969 wurde natürlich von den reaktionären Teilen der Wählerschaft gern gesehen, die die Gebietsverluste seit 1937 nicht akzeptieren wollten. Aber gleichzeitig nahmen sie dem deutschen Imperialismus jede Möglichkeit, wirtschaftliche Beziehungen zu den Volksdemokratien aufzunehmen.
Erst als die Sozialdemokraten 1969 an die Regierung kamen, änderte sich die Situation vor dem Hintergrund, dass die USA, in Folge ihrer Niederlage im Vietnamkrieg die "containment-Politik" (Eindämmungspolitik) aufgeben mussten. Diese Politik war seit Beginn des Kalten Krieges darauf ausgerichtet, jeder Versuch, das sowjetische Einflussgebiet auszuweiten, abzuwehren, um so ein dynamisches Gleichgewicht herzustellen.
Willi Brandt ersetzte die Hallstein-Doktrin durch seine "Ostpolitik", die eine Annäherung an die UdSSR und die Volksdemokratien ermöglichen sollte. Zwei Verträge markierten diese Wende 1970: die Moskauer Verträge, unterzeichnet von der UdSSR, und der Warschauer Vertrag, abgeschlossen mit Polen, in welchem die BRD die Oder-Neiße-Grenze als polnische Westgrenze anerkannte.
Dass die Ostpolitik damals mit den Wünschen der gesamten deutschen Bourgeoisie übereinstimmte, kann man daran sehen, dass die CDU- Abgeordneten nicht gegen die Ratifikation dieses Vertrages stimmten, sondern sich mit einer Stimmenthaltung zufrieden gaben.
Im Dezember 1972 endlich, wurde der Grundlagenvertrag zwischen der BRD und der DDR unterzeichnet, in dem sich die Länder gegenseitig anerkannten. Formal war so die Teilung Deutschlands bestätigt. Indem die Ostpolitik der deutschen Bourgeoisie einen größeren wirtschaftlichen und somit auch politischen Einfluss in ganz Osteuropa brachte, bestärkte sie tendenziell die Zentrifugalkräfte, die die Volksdemokratien von ihrem sowjetischen Zentrum entfernten.
Und als die UdSSR, erschüttert von einer erneuten inneren Machtkrise um die Nachfolge und auf der Suche nach einer generellen Übereinkunft mit dem Imperialismus, die Volksdemokratien vernachlässigte, brachte die Ostpolitik als letzte Frucht nach 20 Jahren die deutsche Wiedervereinigung.
Welche Wiedervereinigung?
Die Wiedervereinigung allerdings vollzog sich im Rahmen eines dekadenten Kapitalismus, der zu großen Teilen als Schmarotzer auf Staatkosten lebt und sich als unfähig erwies, das Land wirtschaftlich zu vereinigen.
Die von den Anhängern des kapitalistischen Systems verbreitete Legende erzählt, dass die ostdeutsche Industrie vor der Wiedervereinigung ausgeblutet war. In Wirklichkeit war sie es, nachdem sie zerstört worden war.
Die Treuhandanstalt war damit beauftragt, nach der Wiedervereinigung die 8.500 Staatsbetriebe, die die DDR-Wirtschaft getragen hatten und in denen vier Millionen Menschen arbeiteten, "nach den Regeln der Marktwirtschaft" zu privatisieren. Nachdem die Treuhand ihre Mission erfüllt hatte, wurde ein Großteil der Betriebe geschlossen und vor allem 95 % der 4 Millionen Arbeitsplätze zerstört. Die Treuhand hat diese Betriebe nicht wirklich privatisiert, sie hat vielmehr die ostdeutschen Staatbetriebe den westlichen Konzernen angeboten, die sie oft für eine symbolische Mark gekauft haben, um sie dann zu schließen, besonders, wenn sie als Konkurrenten hätten auftreten können, und nachdem sie deren Marktanteile übernommen hatten. Die westdeutschen Konzerne sind wie eine Heuschreckenplage über die Betriebe hergefallen, haben sie geschlossen, die Konten leer geräumt und dann Gewinn aus dem Verkauf der Betriebsgelände gezogen.
Vor dem Fall der Mauer gab es in der DDR 145 Betriebe mit mehr als 5.000 Angestellten. Heute gibt es noch fünf.
Gewiss gab es einige Investitionen... die vor allem teuer für den Staat waren, in Form von Steuererleichterungen oder als Beihilfen zur Finanzierung eines Teils der Löhne.
Im Namen des "Aufbaus Ost" haben die großen Bauunternehmen im Westen Milliarden zum Bau von Gebäuden erhalten, die dann leer standen, weil niemand die Miete bezahlen konnte.
Heute trägt die Wirtschaft im Osten durchaus die Züge einer Halbkolonie. Die Hauptsitze der Unternehmen sind fast immer im Westen. Ebenso gibt es im Osten kaum Millionäre, geschweige denn Milliardäre. Die meisten Betriebe sind Filialen der großen Konzerne im Westen (BASF, Volkswagen, Edeka, SAP...). Nicht nur die Firmensitze befinden sich im Westen, auch alle Einrichtungen für Forschung und Entwicklung, so dass man vom Osten wie von einem "Hinterland" für den Versorgungsnachschub sprechen kann (d. h. im Osten befinden sich die Montagewerke für den Westen, ohne eigene Entscheidungsgewalt und Entwicklungsmöglichkeiten).
Das Resultat von allem ist eine doppelt so hohe Arbeitslosigkeit wie im Westen und eine viel größere Armut. Die, die Arbeit haben, müssen mehr Stunden arbeiten, die Arbeitsbedingungen sind häufig schlechter und es gibt eher befristete Arbeitsverträge. Die Löhne liegen klar unter denen im Westen: im Durchschnitt 75 % des Westgehalts, und der Wohlstand der Haushalte erreicht gerade mal 40 % von dem, der im Westen durchschnittlich erzielt wird. Alle die, die die Möglichkeit und die Energie dafür haben, besonders die Jüngeren, "emigrieren" in den Westen und lassen teilweise menschenleere Gegenden zurück. In den Dörfern schließt der letzte Laden.
Weil jedoch der Staat behauptet hat, dass bestimmte Opfer für den Wiederaufbau des Ostens gebracht werden müssen, sind, im Westen, die "Ossis" nicht immer gut angesehen.
"Wir sind ein Volk", riefen die Demonstranten 1989 und die meisten erwarteten viel von der sich anbahnenden Wiedervereinigung. Zwanzig Jahre später scheint dieser Slogan mit dem Singular ein bisschen übertrieben. Innerhalb der gemeinsamen Grenzen scheinen die zwei Deutschlands weiter zu existieren.
4. Januar 2010