Am 30. Dezember 1936 begann ein Streik mit Betriebsbesetzung in der Fabrik Fisher Nr.1 von General Motors (GM) in Flint, Michigan. Nach einem 44 Tage dauernden erbitterten Kampf zwangen die Automobilarbeiter den mächtigsten Kapitalisten der Welt in die Knie und erkämpften sich die Möglichkeit, offen einer Gewerkschaft beizutreten.
Seit ihrem Beginn 1929 hatte die Krise schreckliche Auswirkungen für die amerikanischen Arbeiter. 1932 waren 13 Millionen arbeitslos, weitere 13 Millionen arbeiteten nur noch Teilzeit. Im reichsten Land der Welt litt man wieder Hunger. Aber was die Aktionäre betraf, so ermöglichte es ihnen der Profit, ihren Reichtum trotz Krise bald wieder aufzustocken.
Die Diktatur der Kapitalisten
In Flint, wo 80% der Bevölkerung von GM abhängig war, hielt eine offizielle Kommission fest: "Keine Familie kann mit diesen Löhnen auskommen. Die Wohnungen in den Arbeiterviertel sind Bruchbuden mit gestampften Böden, nackten Wänden ohne Toiletten. Die Hygiene ist verheerend und die Kinder unterernährt."
In den Werken hielten die Arbeiter nur unter äußerster Anstrengung das Produktionstempo ein und litten zugleich unter der Brutalität ihrer Chefs, ergänzt durch Spitzel, die von GM bezahlt wurden, um jeden protestierenden Arbeiter zu denunzieren. Die jungen Arbeiterinnen mussten ständig vor den sexuellen Belästigungen der allmächtigen Vorarbeiter auf der Hut sein.
Dem Auf und Ab der Automobilproduktion folgend entließ GM jedes Jahr zahlreiche Arbeiter in der auftragsschwachen Periode. Folglich war der Durchschnittslohn der 40.000 GM-Arbeiter seit 1929 um 40% gesunken. In den Monaten der Arbeitslosigkeit gingen die Arbeiter zur Armensuppe und konnten GM um Kredit anbetteln, sie wurden dadurch beinahe zu seinen Leibeigenen.
Die Arbeiter erheben das Haupt
Die Gewerkschaftszentrale AFL (American Federation of Labor) interessierte sich nicht für diese Arbeiter ohne Qualifikation. Und das obwohl das amerikanische Proletariat seit 1934 offensichtliche Zeichen einer explosiven Kampfbereitschaft zeigte. Die Streiks waren so zahlreich, dass sich ein Teil der veralteten AFL, die sich schon seit Langem im Lager der Unternehmer befand, abspaltete, um eine neue Zentrale zu gründen. Den CIO (Congress of Industrial Organisations). Geführt wurde sie von Bürokraten, die feststellten, dass die Arbeiter mit dem Kampf begannen, ohne auf die AFL zu warten. Es musste eine neue Gewerkschaft geschaffen werden, denn die Arbeiter würden sich so oder so organisieren, könnten sich dann aber der Kontrolle eines derartigen Apparats entziehen.
In der Automobilbranche wurde 1935 eine neue Gewerkschaft, die UAW, gegründet, die dem CIO angehörte. Sie stützte sich auf Aktivisten der Kommunistischen Partei, die bereit waren, den Kampf mit GM in seiner Hochburg aufzunehmen und ihre Energie in den Dienst des CIO zu stellen.
Im Sommer 1936 hatte UAW nur 100 Mitglieder in Flint, von denen einige als Spitzel für GM arbeiteten. Die Arbeiteraktivisten waren aber sehr Vorsichtig in den Fabriken. Sie legten Flugzettel auf die Karosserien, die so am Fließband von mehreren hundert Arbeitern gelesen werden konnten, bevor die wütenden Chefs sie einsammelten.
Bei einem spontanen Streik gegen die Entlassung von zwei Arbeitern, die gegen die Erhöhung des Produktionstempos in einem Karosseriewerk der Fabrik Fisher Nr.1 protestiert hatten, gab GM schon nach wenigen Stunden nach.
Von da an warb die Gewerkschaftsorganisation in dieser Fabrik offen neue Mitglieder an. Später konnte sie das auch in anderen Fabriken machen. Im November zählte UAW 1.500 Mitglieder in den GM-Fabriken von Flint, im Dezember 4.500.
Streik mit Betriebsbesetzung
Am 28. Dezember begann der Streik infolge einer örtlichen Initiative der GM-Fabrik von Cleveland, 350 km von Flint entfernt. Die Ansteckungsgefahr fürchtend organisierte GM den Abtransport der Pressen. Aber dieses Manöver provozierte den Streik. Am 30. Dezember wurden die Fabriken Fisher Nr.1 und 2 von ihren Arbeitern besetzt.
Die Besetzung war von großer Bedeutung. Nach ein paar Tagen waren alle Spitzel der Betriebsleitung aus den besetzten Fabriken verjagt. Die Streikenden, die sich in Gruppen zu 15 zusammengeschlossen hatten, lernten die Macht ihrer Organisation kennen.
Die Arbeiterinnen wurden nach Hause geschickt. Die Gewerkschaft beauftragte sie damit, sich um die Streikküche zu kümmern, wo 200 Freiwillige mehrere tausend Speisen am Tag zubereiteten. Aber die aktivsten Arbeiterinnen kehrten zurück zu den Fabriktoren und zwangen die Männer, ihre Mitgliedschaft in der Gewerkschaft und ihre die direkte Teilnahme am Streik zu akzeptieren: indem sie von Tür zu Tür gingen widersetzten sie sich der Propaganda von GM und gewannen viele Einwohner von Flint für den Kampf. Einige bildeten Notfallbrigaden, die Tag und Nacht mobilisiert werden konnten, um die heimtückischen Angriffe der Betriebsleitung zu vereiteln.
GM war sehr bald gezwungen, einige Fabriken aufgrund des Mangels an Bestandteilen zu schließen, und erreichte von einem Richter einen Beschluss, mit dem die besetzten Fabriken in Flint geräumt werden konnten. Aber da platzte zum Vorteil der Streikenden ein Skandal: es wurde bekannt, dass besagter Richter mehr als 3.000 Aktien der Firma besaß.
Die Streikenden stehen der Polizei gegenüber...
Am Abend des 11. Januar schaltete GM die Heizung aus und verhinderte die Lebensmittelversorgung der Fabrik Fisher Nr.2. Dann schickte GM die Polizei, um die Fabrik mit Gewalt zurück zu erobern. Die Streikenden antworteten auf das Tränengas, das GM der Polizei von Flint kurz vor dem Streik geschenkt worden war, indem sie ihre Angreifer mit Automobilbestandteilen bombardierten und sie mit Wasserwerfern bespritzten, was bei Frost eine gefährliche Waffe war. Durch die Radioreportagen benachrichtigt begann sich die Bevölkerung von Flint am Ort der Kampfhandlung einzufinden und die Polizei musste sich zurückziehen, nicht ohne vorher vierzehn Streikenden Schussverletzungen zuzufügen. Die Arbeiter blieben als Sieger auf dem Kampffeld zurück.
Am nächsten Tag kamen Arbeiter aus anderen Arbeiterstädten und die arbeitende Bevölkerung von Flint, um den Ort der Niederlage von GM mit eigenen Augen zu sehen. Die Angst hatte das Lager gewechselt. In den Fabriken, die noch in Betrieb waren, traten die Arbeiter den Gewerkschaften massenweise bei. In den Städten bildeten sich Schlangen vor den Lokalen von UAW.
Ende Januar war die Produktion von GM um 805 gesunken, aber die Firma wollte sich nicht geschlagen geben. Sie war eine Miliz an, die die örtliche Polizei unterstützen sollte. Das Gericht beschloss erneut die Beendigung der Betriebsbesetzung. Der Gouverneur von Michigan war ein Demokrat, der mit den Stimmen der Arbeiter und vor allem mit der Unterstützung der Gewerkschaftsapparate gewählt worden war. Er versetzte die Nationalgarde von Flint in Alarmbereitschaft und machte Druck auf die UAW, um zu erreichen, dass die besetzten Fabriken noch vor Verhandlungen evakuiert wurden. Die Hartnäckigkeit der Arbeiter von GM, die von den Arbeitern im ganzen Land als Beispiel gesehen wurde, beunruhigte auch Roosevelt, der in Washington einen ähnlichen Druck auf die CIO-Führung ausübte.
... und zwingen GM in die Knie
Als Antwort darauf bereitete die UAW heimlich die Besetzung der Motorenfabrik Chevrolet Nr.4 vor. Dank einer List, durch die Chefs und Aufpasser von GM in eine andere Fabrik gelockt wurden, gelang die Besatzung am 1. Februar. Die Nationalgarde umzingelte sofort diese Fabrik und richtete Maschinengewehre und Haubitzen auf die Streikenden, die sie besetzt hielten. Aber die Nationalgarde wurde selbst von einer Masse von 15 bis 20.000 Arbeitern umzingelt, die gekommen waren, um den Streik zu unterstützen. Sie versuchten, die Soldaten für sich zu gewinnen, aber sie bereiteten sich ebenfalls darauf vor, gegen sie zu kämpfen.
Schließlich traf die GM-Führung am 11. Februar die Führung von UAW und CIO und willigte ein, sie als Vertreter der Arbeiter der bestreikten Fabriken anzuerkennen.
Der Streik endete mit einem Sieg. Er war der Höhepunkt einer ansteigenden Arbeiterbewegung. Im Jahr 1937 sollte es noch 700 Streiks mit Betriebsbesetzung geben und diese generelle Kampfbereitschaft hielt noch einige Jahre an. Die Streikenden, die im Kampf energisch den mit dem Staat verbunden Unternehmern entgegen traten, zeigten die Kraft, die die Arbeiterklasse haben konnte. Diese Bewegung führte leider nicht zu einer Offensive gegen das kapitalistische System, aber die Aufsehen erregenden Siege, die die Arbeiter gegen die mächtigste Bourgeoisie der Welt davontrugen, werden für immer unvergessliche Erfahrung und Lehre sein.
18. Januar 2017